In der stark alternden Bevölkerung Japans ist die Abneigung, per Handy-App oder Plastikgeld zu zahlen, stärker ausgeprägt als anderswo. Konkret will die japanische Regierung nun dafür sorgen, dass bis 2025 zumindest 40 Prozent der Zahlungen und damit doppelt so viel wie bisher bargeldlos abgewickelt werden.

Neue Formen des Bezahlens sind aber auch in der Schweiz noch wenig verbreitet, wie Umfragen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) immer wieder zeigen. SNB-Chef Thomas Jordan sagte Anfang September anlässlich der Vorstellung der neuen 100-Franken-Note in Bern, dass Bargeld aus unterschiedlichen Gründen immer noch stark genutzt und geschätzt werde. Bargeld sei jederzeit und überall zuverlässig einsetzbar und weniger abhängig von einer technischen Infrastruktur: "Es wird auf lange Zeit das Bedürfnis bestehen, Bargeld zu benutzen", so der SNB-Präsident.

Schweizer Konsumenten mögen Debitkarte

Hierzulande wird an der Kasse aber immer öfter auf die Debitkarte als bevorzugtes Zahlungsmittel zurückgegriffen - auch dank der Einführung der kontaktlosen Bezahlfunktion. Gemäss dem Swiss Payment Monitor ist die Debitkarte als beliebtes Zahlungsmittel und liegt zumindest in Bezug auf die Umsätze sogar noch vor Bargeld.

Der Anteil der Zahlungen mit Debitkarten liegt laut einer im August 2019 veröffentlichten Studie gemessen am Umsatz bei 29 Prozent. Damit rangiert die Debitkarte in Bezug auf die Gesamtausgaben vor Bargeld (27%) und Kreditkarten (22%). Die restlichen 20 Prozent entfielen auf weitere Zahlungsmittel wie Rechnungen (14,5%), Internetbezahlverfahren (2,5%), Händlerkarten (2,4%) oder dem mobilen Bezahlen (1,7%).

Klar bleibt laut den Studienautoren aber auch, dass gegenwärtig die wenigsten Befragten vollumfänglich auf Bargeld verzichten würden. Denn das Bargeld sei gemessen an der Transaktionsanzahl mit 48 Prozent nach wie vor das am häufigsten genutzte Zahlungsinstrument in der Schweiz.

Schweiz hinkt hinterher

Damit hinkt die Schweiz anderen Staaten vor allem aus Asien immer noch hinterher. In Südkorea sind es bereits heute 96 Prozent und in China immerhin rund zwei Drittel der Transaktionen, die bargeldlos erfolgen, wie Zahlen des japanischen Branchenverbands Payments Japan Association zeigen.

In der Volksrepublik steht zudem voraussichtlich bereits nächste Woche ein weiterer grosser Sprung in die digitale Zukunft des Geldes bevor. Das US-Finanzmagazin "Forbes" berichtete jüngst, China wolle sein eigenes Digitalgeld am 11. November herausbringen und damit Facebook ausstechen, das die eigene Kryptowährung Libra - wenn überhaupt - erst im ersten Halbjahr 2020 an den Start bringen kann.

Blick ins Portemonnaie

Für viele ältere Japaner ist das eine andere Welt. "Ich bin nicht daran interessiert, ohne Bargeld zu leben", sagt eine 65-jährige Tokioterin. "Ich würde mich dann unwohl fühlen, wenn ich mein Handy verlieren sollte." Ausserdem fehle ihr dann der Überblick darüber, wie viel sie ausgegeben habe. Ein Blick ins Portemonnaie sei da viel aufschlussreicher.

Trotz dieser Vorbehalte rühren Firmen wie der Telekomriese Softbank und die E-Commerce-Firma Mercari kräftig die Werbetrommel für das elektronische Bezahlen. Das bleibt nicht ohne Erfolg. So gelang es Softbank mit dem Partner Yahoo Japan bereits, die Zahl der Abonnenten der Bezahl-App PayPay innerhalb weniger Monate um 5 auf 15 Millionen hochzuschrauben - auch dank der Regierungskampagne.

Diese hat Verbrauchern zuletzt den Umstieg von Bargeld auf elektronische Zahlungssysteme auch durch ein System schmackhaft zu machen versucht, mit dem diese in kleinen Läden Rabattpunkte auf die jüngst erhöhte Mehrwertsteuer einsammeln können.

Bislang sprechen jedoch in Japan auch viele Gründe für die Nutzung von Bargeld. Denn die Furcht vor Diebstahl ist wegen der relativ niedrigen Kriminalitätsrate nicht so ausgeprägt wie in anderen Staaten. Zudem gibt es ein weit verzweigtes Netz von Geldautomaten, das Abhebungen praktisch flächendeckend möglich macht.

Doch dies könnte sich ändern. Die Geschäftsbanken gehen allmählich dazu über, das Automatennetz auszudünnen - und erschweren damit den bequemen Zugang zu Bargeld. Damit brechen für die Älteren, die fast ein Drittel der Bevölkerung ausmachen, schwere Zeiten an. Das befürchtet auch der 70-jährige Blumenverkäufer Mitsuo Kotake, dessen vorwiegend ältere Kunden mit der Bezahl-App meist nicht zurechtkämen: "Für die Jungen ist das einfach. Aber Senioren sind einfach nicht vertraut damit."

(AWP)