In den vergangenen Monaten hätten sich die internationalen Rahmenbedingungen für die Schweiz verschlechtert, sagte KOF-Direktor Jan-Egbert Sturm am Mittwoch bei der Präsentation der KOF-Herbstprognose in Zürich. So sei etwa der Welthandel erneut deutlich geschrumpft. Der Abschwung der Weltwirtschaft und die derzeitige Aufwertung des Frankens dürften nicht zuletzt die Exportunternehmen belasten.

0,9 Prozent Wachstum

Für das laufende Jahr rechnen die KOF-Ökonomen nun noch mit einem Wachstum des Bruttoinlandprodukts (BIP) von 0,9 Prozent, nachdem sie bisher von einem Plus von 1,6 Prozent ausgegangen war. Für 2020 haben sie ihre Wachstumsprognose auf +1,9 Prozent (bisher +2,3 Prozent) gesenkt. Für 2021 gehen sie von einem Wachstum von 1,5 Prozent aus. In den vergangenen Wochen hatten bereits verschiedene Institute wie auch die Ökonomen des Bundes (Seco) ihre Wachstumsprognosen nach unten revidiert.

Allerdings werden die Schwankungen des Schweizer BIP durch internationale Sportereignisse überzeichnet. So dürfte etwa das olympische Jahr 2020 dem hierzulande ansässigen Internationalen Olympischen Komitee (IOC) hohe Lizenzeinnahmen bescheren. "Solche Ereignisse sind eigentlich für die Dynamik nicht relevant", sagte Sturm. Ohne Sportanlässe dürfte das Schweizer BIP laut der KOF 2019 um 1,4 Prozent und 2020 um 1,5 Prozent wachsen.

Verschlechtertes Umfeld

Auf Rückgänge muss sich laut der KOF vor allem die stark exportorientierte Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie gefasst machen. Diese verzeichne schon länger einen schwachen Bestellungseingang, stellt die KOF fest. Auch der Tourismussektor dürfte belastet werden. Die Pharmaindustrie als grösste Exporteurin sei zwar traditionell wenig von Konjunkturschwankungen betroffen, sie müsse sich aber auf Margeneinbussen wegen Preisregulierungen gefasst machen.

Eine Verlangsamung sieht die KOF in der Bauwirtschaft, die in den vergangenen Jahren ein wichtiger Stabilisator gewesen sei. So dürfte sich insbesondere der Wohnungsbau trotz der rekordtiefen Hypothekarzinsen abschwächen. Die Zahl der neu erstellten Wohnungen sei nämlich bereits seit einigen Jahren höher als die Zunahme der Haushalte.

Ein ungeregelter Austritt Grossbritanniens bereits Ende Oktober wäre für die KOF-Ökonomen ein zusätzliches Risiko für die Konjunktur: Die damit verbundenen Verwerfungen würden der europäischen und der Schweizer Wirtschaft mehr Schaden zufügen, als in der Prognose angenommen. Allerdings gehe man bei der KOF davon aus, dass der "Brexit" bis mindestens Ende Januar 2020 verschoben werde, sagte Sturm.

Weitere Zinssenkung

An der Zinsfront sehen die KOF-Spezialisten weiterhin keine Entspannung. Die europäische und die amerikanische Zentralbank hätten ihre Geldpolitik gelockert, stellte Sturm fest.

Von der Europäischen Zentralbank (EZB) erwartet er nun noch einen weiteren "kleinen Zinsschritt". Das werde wiederum die Schweizerische Nationalbank (SNB) in Zugzwang bringen: "Die SNB wird die Zinsdifferenz aufrecht erhalten wollen." Damit werde sie gegen Ende Jahr ihre Leitzinsen um weitere 0,2 bis 0,25 Prozent senken.

Mehr Arbeitslose

Die Beschäftigung in der Schweiz dürfte in den kommenden Jahren weiter steigen, allerdings langsamer als zuletzt. Damit werde auch die Arbeitslosigkeit langsam wieder ansteigen, sagte der KOF-Direktor. Nach einer Arbeitslosenquote von 2,3 Prozent im laufenden Jahr werde sich die Quote in den kommenden beiden Jahren auf 2,5 Prozent respektive auf 2,6 Prozent erhöhen.

Eher verhalten sehen die KOF-Ökonomen die Entwicklung der Löhne. Diese dürften zwar insgesamt leicht anziehen, gerade die im Export tätigen Unternehmen würden sich aber wohl vor grösseren Lohnerhöhungen hüten. Aufgrund der anhaltend tiefen Inflation dürften die Arbeitnehmer in den kommenden beiden Jahren real trotzdem etwas mehr im Portemonnaie haben.

tp/cf

(AWP)