Ulrich Kater, Chefvolkswirt Dekabank:

"Angesichts einer gefährdeten Energieversorgung, rekordhoher Inflationsraten und zerrütteten Produktionsketten ist es erstaunlich, dass sich die Stimmung in den Unternehmen auf diesem Niveau hält. Die verschlechterten Erwartungen zeigen ganz klar, dass für die Firmen die wesentliche Herausforderung in der Energieversorgung im kommenden Winter besteht. Insgesamt wird wohl nicht mehr als eine Stagnation für die deutsche Volkswirtschaft in diesem Jahr drin sein."

Jörg Krämer, Chefvolkswirt Commerzbank:

"Zwar war der Rückgang des Geschäftsklimas etwas grösser als vom Durchschnitt der zuvor befragten Volkswirte erwartet. Aber mit Blick auf die reduzierte Lieferung russischen Gases ist der Rückgang moderat. Denn die am 13. Juni verkündete Beschränkung der Gaslieferungen dürfte sich nur in einem Teil der Antworten bei der Ifo-Umfrage niedergeschlagen haben. Ein Grossteil der vom Ifo befragten Unternehmen antwortet nämlich normalerweise bereits zu Beginn des Monats. Erst zur Monatsmitte fasst das Ifo-Institut bei den Unternehmen nach, die noch nicht geantwortet haben. "

Thomas Gitzel, Chefvolkswirt VP Bank:

"Die deutsche Wirtschaft steht vor grossen Herausforderungen. Rezessionsgefahren sind nicht von der Hand zu weisen. Dass die Auftragseingänge für die deutsche Industrie zuletzt dreimal in Folge deutlich nachgaben, ist Warnzeichen genug. Die Unternehmen blicken nicht nur mit Sorge auf die kommenden Quartale, sondern lassen dem auch Taten folgen. Es wird weniger investiert und damit weniger bestellt. Das sind keine gute Vorzeichen für die Konjunktur. Der ifo-Geschäftsklimaindex bläst heute in das gleiche Horn."

Jörg Zeuner, Chefvolkswirt Union Investment:

"Die Unsicherheit erhält weiter Nahrung, wenn die kürzlich von Russland gekappten Gaslieferungen von Dauer sind oder gar weiter reduziert werden. Sollten sich hier anhaltende Versorgungsengpässe abzeichnen, dann dürften die Erwartungen in den kommenden Monaten weiter absacken. Entsprechend unsicher bleibt es an der Börse: Die Kurse dürften weiter schwankungsanfällig bleiben."

Ulrich Wortberg, Analyst Landesbank Hessen-Thüringen:

"Unternehmen haben mit hohen Rohstoffpreisen, Lieferengpässen, geopolitischer Verunsicherung und steigenden Zinsen zu kämpfen. Insofern zeichnet sich eine Abkühlung der konjunkturellen Dynamik ab. Dennoch sollten die von der EZB avisierten Zinserhöhungen nicht in Frage gestellt werden. Die Währungshüter haben sich klar dazu bekannt, der viel zu hohen Inflation mit Zinserhöhungen zu begegnen. Bei den längerfristigen Zinserwartungen könnte es aber eine Korrektur geben, die gestern bereits nach den enttäuschenden Einkaufsmanagerindizes eingesetzt hat."

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(AWP)