Bern (awp) - Die Konjunkturperspektiven für die Schweiz haben sich laut den Ökonomen des Bundes seit der letzten Prognose vom September nicht allzu gross verändert. Die neuste Schätzung geht für das laufende Jahr entsprechend weiterhin von einem realen Wachstum des Bruttoinlandproduktes (BIP) von +1,5% und für 2017 von 1,8% aus. Erstmals wagen sie auch eine Prognose für 2018: das Wachstum soll sich gegenüber 2017 leicht beschleunigen auf 1,9%.
Die leichte Beschleunigung in den nächsten beiden Jahren gegenüber 2016 werde getragen sowohl von der Inlandnachfrage als auch vom Aussenhandel. Die Konjunkturaussichten blieben damit freundlich, auch wenn der Frankenschock teilweise noch nachwirken dürfte, kommt das Seco in seiner neuesten Prognose vom Donnerstag zum Schluss.
Nach einigen positiven Quartalen habe das Schweizer BIP im dritten Quartal zwar nahezu stagniert, wobei die abrupte Bremsung eher überraschend gekommen sei. Dies insbesondere, weil das Wachstum bei fast allen binnenorientierten Sektoren schwach ausgefallen sei. Insgesamt scheint der Erholungskurs der Schweizer Wirtschaft aber nicht in Frage gestellt.
GUTE VORLAUF-INDIKATOREN
Die Vorlaufindikatoren wie Einkaufsmanagerindex PMI oder auch KOF-Konjunkturbarometer etwa deuteten auf eine erneute Wachstumsbeschleunigung im vierten Quartal hin, und auch die Konsumenten zeigten sich (gemäss Konsumentenstimmungs-Index) bezüglich der weiteren Wirtschaftsentwicklung zuletzt deutlich optimistischer. Zudem sei seitens der Weltwirtschaft weiterhin mit positiven Impulsen zu rechnen, glaubt das Seco.
Als bedeutende Wachstumsstütze hierzulande dürfte sich aber vor allem die Inlandnachfrage erweisen. Der private Konsum etwa sei im laufenden Jahr zwar hinter den Erwartungen zurückgeblieben, sollte sich im Prognose-Zeitraum aber allmählich festigen. Eine Erholung des Arbeitsmarktes und eine moderate Reallohnentwicklung sollten gemäss Seco die Kaufkraft der Haushalte stärken. Und die nach wie vor wachsende Bevölkerung werde den Konsum ebenfalls positiv beeinflussen.
Vor dem Hintergrund guter Finanzierungsbedingungen und dank der stützenden Wirkung des Tiefbaus sollten auch die Bauinvestitionen etwas an Fahrt gewinnen. Schliesslich sei auch von den Ausrüstungsinvestitionen ein moderates Wachstum zu erwarten. Beim Aussenhandel erwartet das Seco nach dem starken Wachstum der Chemie- und Pharmabranche 2016 für die kommenden Jahre eine Normalisierung.
Die insgesamt leichte Erholung der einheimischen Wirtschaft sollte sich auch auf die Beschäftigung positiv auswirken. Die Arbeitslosenquote dürfte gemäss Seco-Prognose graduell von 3,3% (2016) auf 3,2% (2017) bzw. 3,1% (2018) zurückgehen. Bei der Teuerung dürfte die Normalisierung, die bereits eingesetzt habe, weitergehen. Für 2016 wird zwar noch eine deutlich negative Teuerungsrate erwartet (-0,4%), gefolgt von einer Null-Teuerung im Jahr 2017 und einer Teuerung von +0,2% im Jahr 2018.
EINIGE KONJUNKTURRISIKEN...
Das Seco zählt nichtsdestotrotz diverse Risiken für seine Prognose auf. Zu den grössten für die internationale Wirtschaftsentwicklung zähle gegenwärtig die gestiegene politische Unsicherheit, heisst es etwa. Dabei wird nicht nur der Brexit-Entscheid erwähnt, sondern etwa auch die Ablehnung des Verfassungsreferendums in Italien; zudem stünden im kommenden Jahr in zwei weiteren grossen europäischen Ländern, Deutschland und Frankreich, Wahlen an.
Bislang hätten sich die internationalen Finanzmärkte zwar bemerkenswert ruhig entwickelt. Sollte es aber zu Verwerfungen kommen, etwa im Zusammenhang mit den kriselnden italienischen Banken oder dem Austritt Grossbritanniens aus der EU, wäre sowohl eine Abschwächung der europäischen Konjunktur als auch eine erneute Frankenaufwertung mit entsprechenden Effekten auf die Schweizer Realwirtschaft zu befürchten, glaubt das Seco.
...US-WAHLEN
Nicht zuletzt herrsche nach der Präsidentschaftswahl in den USA eine grosse Unsicherheit bezüglich der künftigen Ausrichtung der US-amerikanischen Wirtschafts- und Handelspolitik. Sich verstärkende protektionistische Tendenzen könnten die seit einiger Zeit schwache Entwicklung des Welthandels weiter drücken, was auch die Exportaussichten der Schweizer Wirtschaft beeinträchtigen könnte, so die Befürchtungen des Seco.
uh/ys
(AWP)