Wenngleich am Markt von einer Beruhigung der Lage die Rede war, stieg der Zinssatz, zu dem die Banken mit Zentralbankgeld handeln (Fed Funds Rate), am Mittwoch bis auf 2,3 Prozent. Eigentlich sollte sich dieser Zins nicht aus der von der Notenbank angepeilten Spanne von aktuell 2,0 bis 2,25 Prozent entfernen. Diese Spanne wird auch Leitzinsband genannt und stellt den Bereich dar, innerhalb dessen sich der Zins für freies Zentralbankgeld nach dem Willen der Fed bewegen soll. Allgemein kann auch vom Leitzins gesprochen werden.

Grund für den Sondereinsatz der Notenbank ist ein abrupter Mangel an Liquidität auf dem US-Geldmarkt. Dort handeln die Banken mit nicht benötigten Finanzmitteln. Über die Ursache der Knappheit herrscht keine letzte Gewissheit. Als mögliche Gründe vermuten Experten einen erhöhten Mittelbedarf von Unternehmen wegen Steuerzahlungen und Käufe neuer Staatsanleihen durch amerikanische Banken. Aufgrund der hohen Haushaltsdefizite der USA ist das Angebot an neuen US-Staatsanleihen derzeit hoch.

Der Zinssatz am amerikanischen Interbanken- oder Geldmarkt, wo sich Banken über spezielle Wertpapiergeschäfte gegenseitig Liquidität leihen, war am Dienstag in der Spitze auf zehn Prozent gestiegen. Bereits am Dienstag ging dieser Zinssatz nach der Intervention der Fed deutlich zurück. Am Mittwoch bewegte er sich auf erhöhtem Niveau, allerdings erreichte er zunächst nicht mehr die hohen Werte vom Vortag.

Anspannungen auf dem Interbankenmarkt sind alles andere als unproblematisch. Halten sie länger an, können sie die Kreditvergabe an Unternehmen und Verbraucher beeinträchtigen. Auch Auswirkungen auf die Aktien- und Anleihemärkte sind denkbar. In der Folge kann sogar das gesamtwirtschaftliche Wachstum Schaden nehmen, falls die Notenbank die dahinterstehenden Probleme nicht in den Griff bekommt.

Eine wichtige Frage ist damit, ob das Liquiditätsproblem weiterhin auftritt und wie die US-Notenbank darauf reagieren würde. Die Fed tagt zur Stunde in Washington und berät über die Leitzinsen. Am Abend will sie ihre Entscheidungen verkünden. Es wird mit der zweiten Zinssenkung in diesem Jahr gerechnet. Zugleich könnte die Zentralbank angeben, wie sie mit dem Liquiditätsproblem auf dem Geldmarkt umzugehen gedenkt.

Einige Beobachter halten es für möglich, dass die Fed sich schon jetzt für regelmässige Liquiditätsspritzen entscheidet, etwa über Wertpapierkäufe. Die Kunst bestünde dann darin, den Märkten zu vermitteln, dass es sich hierbei nicht um eine geldpolitische Lockerung über Anleihekäufe handelt, sondern um eine Massnahme, um den Verspannungen am Interbankenmarkt zu begegnen. Denkbar ist jedoch auch, dass sich die Fed gegen ein dauerhaftes Vorgehen entscheidet und zunächst weiter durch einzelne Geldmarktgeschäfte gegensteuert./bgf/jsl/jha/

(AWP)