Die FDP hat ihre zwei Bundesratssitze im Trockenen. Der 62-jährige Tessiner Cassis wurde am Mittwoch mit 167 von 239 gültigen Stimmen gewählt und übertraf damit das absolute Mehr klar. Der Sprengkandidat der Grünen, der Freiburger Nationalrat Gerhard Andrey, holte 59 Stimmen.

Cassis erhielt deutlich mehr Stimmen als vor vier Jahren, als ihn die Grünen mit der Bernerin Regula Rytz aus dem Amt drängen wollten. Damals machte Cassis 145 von 238 gültigen Stimmen. Rytz erhielt 82 Stimmen.

Die Wahl der zweiten Freisinnigen im Bundesrat, Karin Keller-Sutter, war ebenfalls ungefährdet. Die St. Gallerin erhielt 176 von 224 gültigen Stimmen und kann damit für vier weitere Jahre mitregieren. Die Grünen hatten unmittelbar vor der Wahl durchblicken lassen, dass sie Keller-Sutters Sitz nicht angreifen würden.

In der jüngeren Geschichte schafften alle bisherigen Bundesräte, die nicht abgewählt wurden, eine Wiederwahl jeweils im ersten Wahlgang.

Grüne äusserten sich enttäuscht

Die Grünen äusserten sich nach dem missglückten Angriff enttäuscht. Das Machtkartell der Regierungsparteien werde mit diesem Resultat bekräftigt, sagte Margot Chauderna, Co-Präsidentin der Jungen Grünen Schweiz, nach der Verkündung der Resultate zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA in Bern. Das Parlament habe Angst vor Veränderungen.

Wer im Einzelnen den 47-jährigen Andrey beim Angriff auf den FDP-Sitz unterstützte, war unklar. Bundesratswahlen sind geheim.

Im Vorfeld hatte aber die SP-Fraktion erklärt, nur eine Minderheit werde Andrey unterstützen, um die bürgerliche Mehrheit in der Regierung zu sprengen. Eine Mehrheit bei den Sozialdemokraten hielt die Kandidatur der Grünen für chancenlos. Sie befürchtete, eine Unterstützung für Andrey könnte dazu missbraucht werden, bei der Ersatzwahl am Schluss der SP zu schaden und damit der Linken.

Auch die GLP-Fraktion teilte im Vorfeld mit, dass ein Teil der Fraktion Andrey statt Cassis wählen werde.

Die SVP und die Mitte dagegen wollten an der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrats nichts ändern. Die Parteien hatten vor den Wahlen erklärt, keine bisherigen Bundesräte abwählen zu wollen.

Sechster Versuch

Die Fraktion der Grünen hatte im Herbst Andrey nominiert, um bei den Gesamterneuerungswahlen für die Regierung einen der beiden FDP-Sitze im Bundesrat anzugreifen. In den Augen der Grünen ist die Zauberformel - je zwei Sitze für SVP, SP und FDP sowie einer für die Mitte - nicht mehr zeitgemäss. Die FDP sei in der siebenköpfigen Landesregierung übervertreten, befanden sie.

Bislang haben die Grünen insgesamt sechsmal versucht, einen Sitz in der Landesregierung zu ergattern, immer vergeblich. Ihre erste offizielle Kandidatur für einen Bundesratssitz lancierten die Grünen im Jahr 2000. Damals ging es um die Nachfolge von SVP-Bundesrat Adolf Ogi.

(AWP)