"Wenn man ständig nur die Botschaft aussendet, dass wir alle dem Untergang geweiht sind, dann lähmt das die Menschen und hält sie davon ab, die nötigen Massnahmen zu ergreifen, um mit dem Klimawandel fertig zu werden", sagte Skea (ausgesprochen: Ski) wenige Tage nach seiner Wahl im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Die Technologien und Instrumente, um den Klimawandel einzudämmen, seien vorhanden, sie müssten nur auch angewendet werden. "Die Zukunft des Menschen liegt in unserer Hand. Nutzen wir das", sagte der 69-Jährige.
"Engagiert euch!" sagte Skea an die Adresse aller Erdenbürger. "Sitzt nicht auf dem Sofa und schaut den Debatten über den Klimawandel zu. Jeder einzelne kann etwas tun." Aber auch der Weltklimarat mit Sitz in Genf (IPCC) müsse selbst mehr tun, um seine spezifischen Erkenntnisse besser als Handlungsgrundlage für bestimmte Gruppen aufzubereiten. Skea nannte Stadtplaner oder Landwirte oder Unternehmen.
Das 1,5-Grad-Ziel nannte Skea in einem "Spiegel"-Interview "unglaublich symbolträchtig". Sollte die Erderwärmung darüber liegen, werde die Welt nicht untergehen. "Es wird jedoch eine gefährlichere Welt sein. Die Länder werden mit vielen Problemen kämpfen, es wird soziale Spannungen geben", machte der neue IPCC-Chef deutlich. Allerdings werde die Menschheit deshalb nicht aussterben.
Für den Potsdamer Klimaforscher Rahmstorf ist das 1,5-Grad-Ziel "politisch praktisch nicht mehr zu halten, so, wie die Weltlage nun mal ist". Zwar sei es physikalisch noch erreichbar, sagte Rahmstorf im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks. "Aber dazu müsste man eben es anpacken, wie, wenn man in einer Kriegssituation ist und das einfach die Top-Priorität hat, die 1,5 Grad zu halten. Realistisch ist es natürlich so, dass die allermeisten Regierungen das eben leider nicht als Top-Priorität behandeln, und so werden wir es auf keinen Fall schaffen", schätzte der Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) ein.
Er sehe auch nicht, dass Bundeskanzler Scholz das Thema als Priorität behandele, sagte Rahmstorf. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) versuche alles und habe sehr viele Gesetzesänderungen auf den Weg gebracht. "Das wird aber ja eben mangelhaft unterstützt von den Koalitionspartnern, inklusive Scholz", kritisierte der Forscher. Er hielt den Vorgängerregierungen Versäumnisse vor, die Nutzung fossiler Emissionen herunterzufahren. "Und deswegen muss es jetzt sehr schnell gehen", mahnte Rahmstorf.
Vielen Menschen, auch vielen Politikern, ist aus Sicht des Klimaforschers "noch nicht wirklich klar, wie dringend die Klimakrise jetzt ist". Rahmstorf mahnte zugleich, die Massnahmen zum Klimaschutz gerecht zu gestalten. Die finanzielle Hauptlast sollten die Besserverdienenden tragen, weil sie im Mittel mehr zu Emissionen beitragen, etwa weil sie grössere Autos fahren, grössere Häuser beheizen oder öfter in Urlaub fliegen./shy/DP/he