Die Entscheide der EZB vom Donnerstag, wonach im Juli erstmals seit elf Jahren die Zinsen erhöht werden sollen, werden derweil weiter kontrovers diskutiert. Obwohl die meisten Marktteilnehmer mit einer Zinswende im Sommer gerechnet hätten, sei die Ankündigung doch für viele anscheinend überraschend gekommen, meinte ein Händler. Entsprechend hätten die Anleger dann schnell auf "Risk off" umgestellt, was die Aktien - auch hierzulande - stark unter Druck gesetzt habe. Als sei dies nicht schon schlimm genug gewesen, habe es dann am Abend noch Gegenwind vom US-Anleihemarkt gegeben, wo die Rendite zehnjähriger Staatsanleihen ihre Kletterpartie fortgesetzt hätten. "Für den Moment kann sich der Aktienmarkt einfach nicht aus dem Würgegriff des Inflationsgespenstes befreien", fasste ein weiterer Händler die allgemeine Stimmung zusammen.

Der Swiss Market Index (SMI) verliert um 09.15 Uhr um 1,13 Prozent auf 11'194,10 Punkte. Im Wochenvergleich zeichnet sich damit ein deutliches Minus ab. Bereits auf dem Schlussstand vom Donnerstag waren es fast 2 Prozent. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, fällt gar um 1,30 Prozent auf 1743,29 und der breite SPI um 1,00 Prozent auf 14'380,07 Punkte. Bei den 30 Top-Werten stehen alle im Minus.

Weiter negativ im Fokus stehen die Aktien der Credit Suisse (-4,8%) am Schluss der Tabelle. Der US-Finanzkonzern State Street hat gestern Abend Gerüchte über eine angepeilte Übernahme der zweitgrössten Schweizer Bank zurückgewiesen. Diese hatten am Mittwoch die Papiere der CS trotz Gewinnwarnung in die Höhe getrieben. Bereits am Donnerstag büssten sie dann aber wieder 5,6 Prozent ein.

Klar schwächer präsentieren sich im frühen Handel auch Swisscom (-3,1%). Die UBS hat hier das Rating auf "Sell" von "Neutral" gesenkt, wenn auch mit leicht auf 500 von 490 Franken erhöhtem Kursziel. Die Aktie habe zuletzt in einem überdurchschnittlich starken Sektor eine der stärksten Entwicklungen gezeigt und notiere nun historisch gesehen auf einem Höhepunkt, begründete der zuständige Analyst seine Rückstufung. Er erwartet u.a. aufgrund eines zunehmenden Wettbewerbs ein verlangsamtes Wachstum bei der Italien-Tochter Fastweb.

Einigermassen stabil präsentieren sich die defensiven Schwergewichte Nestlé und Roche (je -0,6%). Bei Roche wird auf diverse gute Studiendaten in den letzten Tagen verwiesen. Der Pharmakonzern will diese Tage am Hämatologie-Kongress EHA weitere solche Daten vorstellen. Nach einer längeren Schwächephase habe sich der Kurs zuletzt offensichtlich stabilisiert, heisst es im Handel. Top Blue Chips sind Temenos (-0,3%) sowie Kühne+Nagel (-0,4%), bei letzteren ist von Titelkäufe aus dem VR die Rede.

Im breiten Markt stehen die Titel des Biotech-Unternehmens Kinarus (+11%) am ersten offiziellen Handelstag in der Gunst der Anleger.

uh/ra

(AWP)