Angesichts der explosionsartigen Preisanstiege stehen auch die Wachstums- und Inflationsprognosen für dieses Jahr allerorten auf dem Prüfstand. Regierungen und Notenbanken überdenken ihre Einschätzungen. Die gestiegenen Risikoprämien bei Rohstoffen und die Folgen der Sanktionspolitik führen zu mehr Inflation und zu weniger Wachstum, insbesondere in Europa. "Die EZB wird vor diesem Hintergrund gut beraten sein, in dieser Woche ein hohes Mass an Flexibilität zu zeigen", heisst es in einem Kommentar. Die hohe Inflation erfordert einen Kurswechsel der Notenbanker und dieser sollte behutsam und gut kommuniziert werden, um nicht zusätzlichen Schaden anzurichten.
Der vorbörslich von der Bank Julius Bär berechnete SMI wird gegen 08.15 Uhr um 1,12 Prozent tiefer indiziert bei 11'137,60 Punkten. Damit setzt sich der Abwärtstrend fort. Alleine in der Vorwoche hatte der Leitindex mehr als 5 Prozent eingebüsst. Die aktuelle Kursspanne bei den SMI-Titeln reicht von -1,0 Prozent bei Swisscom bis -2,5 Prozent bei den beiden Grossbanken UBS und CS.
In Asien haben die Märkte am Morgen bereits mit deutlichen Verlusten reagiert und auch für den europäische Auswahl-Index Euro Stoxx-50, den deutschen DAX oder den britischen FTSE 100 deuten die Indikationen auf Eröffnungsverluste hin. Für die Wall Street deuten die Futures auf Abgaben von etwa 250 Punkten hin.
"Russland wird Nordkorea Europas"
"Vor dem Hintergrund der anhaltenden Eskalation ist es schwer, jetzt noch einen nennenswerten Aufwärtstrend für die Aktienmärkte zu erkennen, und es stellt sich die Frage, wie weit Putin noch zu gehen bereit ist, um seine Ziele zu erreichen", sagt ein Händler. "Da es kaum Anzeichen dafür gibt, dass er geneigt ist, einen Rückzieher zu machen und gegen die Sturheit der ukrainischen Streitkräfte bei der Erfüllung seiner Forderungen anzugehen, dürften die Anleger in den kommenden Tagen weiteren Prüfungen ausgesetzt sein, wobei die einzige Gewissheit mehr Volatilität ist." Russland sei dabei, sich in das Nordkorea Europas zu verwandeln.
Auch am Devisenmarkt hält die Flucht in sichere Häfen wie den Schweizer Franken an. Am Morgen ist das Euro/Franken-Paar erstmals seit Aufhebung des Mindestkurses kurzzeitig unter Parität gefallen. Aktuell notiert es bei 1,0012 wieder knapp darüber. SNB-Direktoriumsmitglied Andréa Maechler erklärte im Interview mit der Zeitung "Schweiz am Wochenende", in Zeiten wie diesen suchten Investoren nach Sicherheit.
Es sei schwer zu sagen, wie die SNB auf die plötzliche Aufwertung des Frankens reagieren werde, meinte eine Händlerin. Sicherlich werde sie versuchen, die Aufwertung des Frankens in der Nähe der Parität (zum Euro) zu stoppen.
hr/rw
(AWP)