Es war fast so etwas wie ein temporärer Todesstoss für eine Tourismusdestination, die ohnehin schon auf der Intensivstation lag: Seit Februar rät das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) von Reisen für Teile von Ägypten ab. Nämlich auf die Sinai-Halbinsel, wo sich auch die sonst so beliebte Baderegion Scharm el-Scheich befindet. Die Warnung kam nach einem Anschlag auf einen Touristenbus und einer Drohung einer gewalttätigen Islamisten-Gruppe an ausländische Touristen.

Seither bieten die grossen Reiseveranstalter der Schweiz keine Reisen mehr nach Scharm el-Scheich an. Und seither ist der Tourimus nach Ägypten, der sich ohnehin auf geschwächterem Niveau als früher bewegte, regelrecht eingebrochen. Im Frühling 2014 reduzierte sich "aufgrund der negativen Schlagzeilen aus Ägypten und dem EDA-Hinweis die Nachfrage weiter deutlich um 50 bis 70 Prozent", sagt Kuoni-Kommunikationschef Peter Brun auf Anfrage von cash. Auch Roland Schmid von der Medienstelle Tui Suisse bestätigt, dass die Zahlen für Ägypten unter Vorjahr liegen.

Ferien am Roten Meer in der Region Hurghada wie auch Marsa Alam werden zwar weiterhin angeboten. Die Nachfrage ist laut Brun da, insbesondere bei Tauchern wie auch Kunden, die jedes Jahr ans Rote Meer reisen. Dies jedoch auf geringem Niveau. Nach Kairo oder ins Niltal, wie etwa die Städte Luxor oder Assuan, werden derzeit keine Reisen organisiert. Als Ausweichdestinationen profitieren in diesem Jahr insbesondere die Türkei, die griechischen Ferieninseln und die Südtürkei.

Kaum mehr zur Ruhe gekommen

Ägypten ist seit dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak vor drei Jahren kaum mehr zur Ruhe gekommen. Höhepunkt der Kämpfe um die politische Macht war die Ablösung des demokratisch gewählten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi durch das Militär im Juli letzten Jahres. Die Situation für Touristen verschärfte sich dann im Februar erneut. Der Umsatz der Tourismusbranche in Ägypten summierte sich 2013 auf nur noch 5,9 Milliarden Dollar - ein Minus von gut 40 Prozent. Für 2014 wird die Zahl der Besucher wohl noch weiter sinken.

Bei Hotelplan ist Ägypten laut Angaben von Sprecherin Prisca Huguenin-dit-Lenoir zwar bloss im einstelligen Prozentbereich unter Vorjahresniveau. Hotelplan und Tui beobachten eine starke Tendenz zu Last-Minute-Buchungen. "Oft buchen die Leute ihre Ferien erst eine Woche vorher", sagt Huguenin-dit-Lenoir.

Die Nachfrage ist aber bisweilen so in den Keller gerasselt, dass Arrangements zu Schleuderpreisen angeboten werden. Oder wie es Roland Schmid von Tui Suisse beschreibt: "Das Preis-Leistungsverhältnis ist ausgezeichnet".

Bei Tui gibts eine Woche all inclusive im Fünfstern-Hotel Iberotel Coraya Beach (Marsa Alam) mit Flug im Juni für 620 Franken. Bei Hotelplan gehts noch günstiger: Sieben Tage Flug und all inclusive im Viereinhalb-Stern-Hotel Stella Makadi Beach (etwa 30 Kilometer südlich von Hurghada) mit Abflug am 29. Juni - für 400 Franken. Kuoni Schweiz verfügt laut Brun für Ägypten für dieses Jahr über keine vorab eingekauften Flugkapazitäten, die kurzfristig mit Aktionen verkauft werden müssten. 

Keine baldige Erholung

Eine baldige Erholung des Ägypten-Geschäftes erwartet keiner der drei von cash angefragten Reiseveranstalter. "Auch die Buchungen für den Herbst sind auf tiefem Niveau und liegen je nach Destination etwa 50 bis 70 Prozent unter Vorjahr", sagt Brun. "Mit der Wahl des neuen ägyptischen Präsidenten dürfte sich die Situation zwar weiter stabilisieren. "Nur wenn es nachhaltig zu einer Beruhigung im Land kommt, werden die Touristen nach Ägypten zurückkehren", so Brun. 

Der ehemalige Armeechef und Feldmarschall Abdel Fattah al-Sisi ist seit einer Woche neuer Präsident Ägyptens. Er geniesst die Unterstützung von Ägyptern, die der Unruhen und wirtschaftlichen Probleme der vergangenen Jahre überdrüssig sind. Die Führung in Kairo greift seit dem Sturz des Islamisten Mohammed Mursi im letzten Jahr gegen Oppositionelle rigoros durch. Zuletzt wurden in mehreren international kritisierten Verfahren mehr als Tausend Anhänger und Mitglieder der Muslimbrüder zum Tode verurteilt. 

Bleibt die Frage, ob sich ein Land mit solchen politischen Verhältnissen derzeit für Ferien überhaupt anbietet.