"Da der Krieg zwischen Russland und der Ukraine nun schon zwei Monate andauert, steigen die Erwartungen einer weiteren Abkühlung des Wirtschaftswachstums und einer höheren Inflation", sagt Luca Paolini, Chefstratege beim Vermögensverwalter Pictet Asset Management. "Auch wenn das Wachstum in vielen Volkswirtschaften weiterhin über dem Trend liegt, sehen wir Abwärtsrisiken für die Unternehmensgewinne."

Immer weiter steigende Inflationsraten und die von der US-Notenbank Fed eingeläutete Zinswende machen den Anlegern zu schaffen. "Die grosse Frage wird sein, ob es der US-Notenbank mit ihrer Zinspolitik gelingen wird, eine sanfte Landung der Wirtschaft zu bewirken", sagt Ökonom Carsten Klude von M.M. Warburg. Die Rahmenbedingungen hätten sich mit dem russischen Angriff auf die Ukraine verschlechtert.

"Somit könnte die Notenbank gezwungen sein, die Zinsen stärker zu erhöhen als derzeit erwartet wird, um die Inflationsrate wieder unter Kontrolle zu bringen – und dies bei gleichzeitig schlechteren Wachstumsaussichten." Dementsprechend werden die Börsianer neue Sanktionen gegen Russland genau im Blick behalten.

Was macht die EZB?

Auch bei der Europäischen Zentralbank, die am Donnerstag zu ihrer Ratssitzung zusammentritt, gibt es eine steigende Bereitschaft zu Zinsanhebungen. Allerdings basiere diese Meinung vieler Ratsmitglieder auf der Erwartung, dass die Wirtschaft trotz der deutlich höheren Energiepreise weiter kontinuierlich wachsen werde, sagte Volkswirt Michael Schubert von der Commerzbank. Im Falle eines vollständigen Boykotts russischer Energielieferungen wäre eine Rezession jedoch wohl unvermeidlich.

Die Aussicht auf höhere und anhaltende Energiepreissteigerungen werden die Inflation nach Ansicht von Ökonomin Katharine Neiss von PGIM Fixed Income anheizen und könnten gleichzeitig die Haushalte und Unternehmen unter Druck setzen. "In Anbetracht des unbeständigen und schwierigen Umfelds erwarten wir, dass die EZB sich ihre Optionen offen hält und ihre im Dezember angekündigte, vergleichsweise restriktive Haltung in Bezug auf eine allmähliche Reduzierung der Ankäufe von Vermögenswerten im Laufe dieses Jahres bekräftigt."

Auf der Konjunkturseite stehen am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland auf der Agenda. Aus den USA stehen in der Woche unter anderem die Verbraucherpreise (Dienstag) und Einzelhandelsumsätze (Donnerstag) für März an. Am Karfreitag und Ostermontag bleiben die Börsen  feiertagsbedingt geschlossen.

Französische Präsidentschaftswahlen im Fokus

In den Fokus vieler Anleger dürfte auch die französischen Präsidentschaftswahlen rücken. Vor der ersten Wahlrunde am Sonntag liegt der pro-europäische Amtsinhaber Emmanuel Macron in Umfragen nur wenige Prozentpunkte vor der rechten Rivalin Le Pen. In einer für den 24. April zu erwartenden Stichwahl wird ein enges Rennen der beiden erwartet. Sollte dies eintreten, dürften die Märkte Experten zufolge unruhig werden. Ein Wahlsieg Le Pens würde den Euro nicht akut gefährden, aber Europa in extrem kritischer Phase spalten, heisst es in einem Kommentar der LBBW. Ein Wahlsieg Macrons dürfte an den Börsen dagegen gut ankommen.

"Der Aktienmarkt hat sich seit der Wahlüberraschung des wirtschaftsfreundlichen Macron im Jahr 2017 besser entwickelt als seine europäischen Konkurrenten", sagte Ben Laidler, Stratege beim Broker eToro. "Sollte Macron mit überwältigender Mehrheit gewinnen, könnte er versuchen, die steigenden Verbraucherkosten, die größte Sorge der Wähler, mit einer stärkeren Begrenzung der Strompreise und der Einführung von Lebensmittelgutscheinen anzugehen."

(Reuters)