Bei der Revision des Aktienrechts nähern sich National- und Ständerat einander an. Es bleiben aber noch etliche und auch gewichtige Differenzen für die bevorstehende dritte Beratungsrunde. Uneinig sind sich die Räte beispielsweise noch in der Frage, ob Loyalitätsaktien eingeführt werden sollen. Der Ständerat bleibt beim Nein. Er entschied am Mittwoch ohne Diskussion, an dieser Differenz zum Nationalrat festzuhalten. Dieser ist nun wieder am Zug.

Mit Loyalitätsaktien würden Aktionäre, die Aktien über eine gewisse Zeit halten, von Vorzugsrechten profitieren und höhere Dividenden erhalten. Im Nationalrat sieht eine Mehrheit darin einen Anreiz für längerfristiges Denken und verantwortungsvolle Investitionen. Der Bundesrat hatte keine Loyalitätsaktien vorgesehen.

Umstrittene Fremdwährung

Im Gegensatz zum Nationalrat will der Ständerat zudem festschreiben, dass Unternehmen Aktienkapital nicht in Fremdwährung führen dürfen. Die Mehrheit der Rechtskommission argumentierte mit dem Gläubigerschutz. Ihre Vertreter führten Kurszerfälle an und die Gefahr von manipulierten Zahlen.

Eine Minderheit hätte auf die Linie des Nationalrates einschwenken wollen. Sie übernahm einen Einzelantrag von Ruedi Noser (FDP/ZH) für die Möglichkeit, Aktienkapital zumindest in Euro oder US-Dollar zu halten, wenn wesentliche Geschäftstätigkeiten in diesen Währungen abgewickelt werden. Sie unterlag aber mit 19 zu 22 Stimmen.

Buchführung und Rechnungslegung in Fremdwährungen sind für Unternehmen bereits heute möglich, wie Justizminister Karin Keller-Sutter ausführte. Der Bundesrat wolle mit der vorgeschlagenen Bestimmung im Aktienrecht Kohärenz schaffen.

In der Frage des Abhaltens von Generalversammlungen im Ausland will der Ständerat beim geltenden Recht bleiben. Schweizer Aktiengesellschaften sollten Generalversammlungen in der Schweiz durchführen. Dafür gebe es auch wirtschaftliche Interessen, sagte Kommissionssprecher Beat Rieder (CVP/VS) namens der Mehrheit.

Martin Schmid (FDP/GR) befürchtete, dass mit der Durchführung im Ausland kritische Minderheitsaktionäre am Zugang zu einer Generalversammlung gehindert werden könnten und je nach Durchführungsort ihre Rechte nicht durchsetzen könnten.

GV nicht im Ausland

Auch Thomas Minder (parteilos/SH) wollte eine Schlechterstellung einzelner Aktionäre nicht hinnehmen. "Der Staat sollte GV-Jetting nicht fördern." Christian Levrat (SP/FR) fügte an, dass mit der im Inland durchgeführten Generalversammlung eine Verbindung von Unternehmen mit der Schweiz bestehen bleibe.

Die mit 8 zu 34 Stimmen unterlegene Minderheit hätte wie Bundesrat und Nationalrat diese Möglichkeit zulassen wollen. Es könne legitime Gründe geben für eine Generalversammlung ausser Landes, sagte Andrea Caroni (FDP/AG) und verwies auf die aktuelle Praxis. Die virtuelle Generalversammlung sei ja ebenfalls zulässig.

Justizministerin Keller-Sutter erinnerte an die Praxis - einige Gesellschaften führten Generalversammlungen bereits im Ausland durch. Der Bundesrat wolle deshalb Rechtssicherheit schaffen.

Geschlechterrichtwerte

Geeinigt haben sich die Räte bereits über mehrere Elemente der Aktienrechtsrevision. Bereits im vergangenen Jahr beschlossen beide Kammern Geschlechterrichtwerte für Verwaltungsräte und Geschäftsleitungen grosser börsenkotierter Unternehmen.

In Verwaltungsräten soll jedes Geschlecht zu mindestens 30 Prozent vertreten sein, in Geschäftsleitungen zu mindestens 20 Prozent. Betroffen sind etwa 200 Unternehmen. Unternehmen, die den Richtwert nicht erreichen, müssen im Vergütungsbericht die Gründe sowie Massnahmen zur Verbesserung darlegen.

Ebenfalls bereits beschlossen haben die Räte, dass bei der Gründung von Unternehmen weiterhin eine Pflicht zur öffentlichen Beurkundung bestehen soll. Eine erleichterte Unternehmensgründung, wie der Bundesrat sie vorgeschlagen hatte, lehnten sie ab.

Kürzel «SCoop» auf Prüfstand

Die Kurzbezeichnung für Genossenschaften sollen - in Französisch und Italienisch - geändert werden. Das heutige Kürzel "SCoop" in diesen beiden Sprachen sei irreführend und könne falsch gedeutet werden, heisst es in einer Motion von Nationalrat Marco Romano (TI/CVP). Der Ständerat hat sie mit 37 zu 6 Stimmen überwiesen.

Eine Minderheit der Rechtskommission des Ständerates hielt den Vorschlag für unverhältnismässig. Es sei nur eine geringe Zahl von Gesellschaften betroffen, machte sie geltend. Der Aufwand für die Änderung sei daher nicht gerechtfertigt. Carlo Sommaruga (SP/GE) sprach von einem "theoretischen Problem".

(AWP)