Das Abstimmungsresultat hatte sich in den letzten Monaten abgezeichnet. In absoluten Zahlen waren es schliesslich 1'811'800 gegen 1'390'400 Stimmen. Mit Basel-Stadt lehnte ein einziger Kanton das Gesetz ab - mit 45,1 Prozent Ja- zu 54,9 Nein-Stimmen.

Im Kanton Wallis war mit 65 Prozent die Zustimmung zum Gesetz am deutlichsten, in Appenzell Innerrhoden mit 50 Prozent am tiefsten. Der Kanton Bern sagte mit 54,8 Prozent Ja, Zürich mit 54,5 Prozent, Genf mit 56 Prozent und St. Gallen mit 56,5 Prozent. Die Stimmbeteiligung lag bei 58,8 Prozent.

In der Westschweiz war die Zustimmung insgesamt leicht höher als in den Deutschschweizer Kantonen. Dies dürfte auch mit der Nähe zu Frankreich und den dortigen Diskussionen und Massnahmen gegen den Terrorismus zu tun haben. Frankreich ist in Europa eines der am stärksten vom Terrorismus betroffenen Länder.

Das Abstimmungsresultat bestätigt auch den Trend der vergangenen Jahre: Es ist nicht das erste Mal, dass sich die Stimmenden für mehr Sicherheit zum Nachteil von grundrechtlichen Überlegungen aussprechen: Bei der Ausschaffungsinitiative (2010), der Minarett-Initiative (2009) und der Verwahrungsinitiative (2004) war es genauso. 2016 wurde das Nachrichtendienstgesetz mit 65,5 Prozent angenommen und 1998 die "S.o.S.-Initiative 'Schweiz ohne Schnüffelpolizei'" mit 75,4 Prozent abgelehnt.

Umstrittene präventive Massnahmen

Seit 2015 geht der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in der Schweiz von einer erhöhten Terrorbedrohung aus. Mit dem Anti-Terror-Gesetz erhält die Polizei ein Instrument, ausserhalb des Strafrechts präventiv gegen sogenannte Gefährderinnen und Gefährder vorzugehen.

Zu den Massnahmen zählen Gesprächsteilnahme- und Meldepflicht, Kontaktverbot, Ausreiseverbot, Rayonverbote, Hausarrest, elektronische Überwachung und Ausschaffungshaft. Die Massnahmen können bereits gegen Zwölfjährige verhängt werden, ein Hausarrest ab 15 Jahren. Darüber hinaus erhält das Bundesamt für Polizei (Fedpol) die Möglichkeit, im Internet und in elektronischen Medien verdeckt zu fahnden.

Solche Präventivmassnahmen gab es bisher ausschliesslich bei der häuslichen Gewalt und dem Hooliganismus.

Sicherheit und Freiheit

Das Anti-Terror-Gesetz war umstritten, weil es gleich in mehrere in der Bundesverfassung und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verankerte Grundrechte eingreift. Solche Eingriffe sind nur erlaubt, wenn sie verhältnismässig sind.

Die Bevölkerung freunde sich zwar mit Massnahmen gegen eine kleine Minderheit an, nicht aber mit einer breiten Überwachung, sagte SP-Nationalrätin Min Li Marti (ZH).

Die Grünen wollen den Terrorismus-Begriff im Gesetz genauer definieren und nächste Woche eine entsprechende parlamentarische Initiative einreichen.

SVP-Nationalrat Mauro Tuena winkte ab. Die Grünen hätten bei der Beratung des Gesetzes im Parlament den Begriff enger definieren müssen, sagte er.

Die am Referendum beteiligte Piratenpartei hofft auf das Bundesgericht. Noch nie in der Geschichte seien gegen eine Vorlage derart viele Abstimmungsbeschwerden eingereicht worden, teilte die Partei mit.

Nationalrat Thierry Burkart (FDP/AG) rief die Verlierer dazu auf, den Volksentscheid zu akzeptieren. Die Mitte-Sicherheitspolitikerin und -Nationalrätin Ida Glanzmann (LU) sagte, die Gerichte müssten letztlich die faire und rechtsstaatliche Anwendung des neuen Gesetzes beurteilen.

Rechtsstaatlichkeit und Augenmass

"Mit der Möglichkeit, vor Bundesverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Massnahmen einzureichen, erfüllen wir die Bedingungen der Rechtsstaatlichkeit", betonte Justizministerin Karin Keller-Sutter vor den Medien in Bern.

Die Präventivmassnahmen seien "ein letztes Mittel", wenn die Kantone und Gemeinden alle anderen Möglichkeiten ausgeschöpft hätten. Die Massnahmen müssten mit Augenmass eingesetzt werden.

Angeordnet werden die Massnahmen jeweils vom Fedpol, umgesetzt werden sie jedoch von den Kantonen. In einigen Kantonen bestehen bereits Strukturen für Bedrohungs- oder Case-Managements, andere Kantone werden diese aufbauen müssen.

Die Kantone wiesen in der Vernehmlassung darauf hin, dass eine elektronische Überwachung und Mobilfunklokalisierung zeit-, personal- und damit kostenintensiv sein könne.

Der Entwurf für die Verordnung zum PMT-Gesetz liege bereit für die Vernehmlassung, sagte Keller Sutter. In der Verordnung wird die Umsetzung des Gesetzes präzisiert. Das Gesetz werde in der ersten Hälfte des Jahres 2022 in Kraft treten.

(AWP)