Die drittgrösste Volkswirtschaft Südostasiens ist ein wichtiger Zulieferer für die internationale Elektronikbranche und produziert etwa Halbleiter und Komponenten für das iPhone. Weil immer mehr Investoren auf Nachhaltigkeit achten und bei ihren Investitionsentscheidungen immer öfter nicht nur auf niedrige Kosten sondern auch soziale und Umwelt-Aspekte schauen, steigt der Druck auf Firmen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern.

Malaysia sei zu einem Inbegriff für Zwangsarbeit geworden, sagt Rosey Hurst von der in London ansässigen Beratungsfirma für ethischen Handel Impactt. "Und das führt zu wirtschaftlichem Schaden." Immer mehr globale Investoren würden bereits zu den Arbeitspraktiken Fragen stellen. Auch Vermögensverwalter und Private-Equity-Firmen hätten die Arbeitsbedingungen im Blick.

Im Fokus steht vor allem die Elektronikindustrie, die fast 40 Prozent der malaysischen Exporte ausmacht. Sowohl Dell, Samsung Electronics als auch Western Digital haben Produktionsstätten in Malaysia. Auch der iPhone-Konzern Apple greift auf lokale Lieferanten zurück. Die Techkonzerne lehnten eine Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters zu den malaysischen Zulieferern ab oder reagierten nicht auf entsprechende Anfragen.

Zahl der ausländischen Arbeiter macht zehn Prozent aller Arbeitskräfte aus

Vergangenen Monat brach bereits der Hausgerätehersteller Dyson die Beziehungen zu seinem grössten Lieferanten, dem malaysischen Zulieferer ATA, wegen der Arbeitsbedingungen ab. "Das ist ein Weckruf", sagt Anthony Dass, Leiter von AmBank Research in Kuala Lumpur. "Wenn Malaysia sich nicht ändert und der weltweite Fokus auf Umwelt-, Sozial- und Governance-Praktiken liegt, könnten Unternehmen in andere Länder abwandern." In den vergangenen zwei Jahren wurden bereits sieben Firmen aus Malaysia wegen des Vorwurfs der Zwangsarbeit mit einem US-Importverbot belegt - darunter mit Top Glove auch der weltgrösste Hersteller von medizinischen Handschuhen.

Malaysia stützt sich schon seit Jahrzehen auf Arbeitsmigranten, insbesondere in der Elektronik- und Palmölindustrie. Die Zahl der ausländischen Arbeiter mache mit zwei Millionen rund zehn Prozent aller Arbeitskräfte aus, teilt das Statistikamt mit. Schätzungen gehen von bis zu vier Millionen weiteren Migranten ohne Papiere im Land aus. Die meisten stammen aus Indonesien, Bangladesch und Nepal.

Die Behörden des Landes haben übermässige Überstunden, nicht ausgezahlte Löhne, fehlende Ruhetage und mangelhafte Zustände bei der Unterbringung bereits eingeräumt - alles Kriterien, die der Internationalen Arbeitsagentur (ILO) zufolge zu Indikatoren für Zwangsarbeit gehören. Malaysia hat sich vorgenommen, diese Praktiken bis 2030 abzustellen und im vergangenen Monat einen Aktionsplan gegen Zwangsarbeit auf den Weg gebracht.

Erste Auswirkungen der strengeren Vorgaben schon sichtbar

Investoren seien zunehmend bereit, für die Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen auch höhere Kosten zu akzeptieren, berichten Marktteilnehmer. "Unternehmen, die in Australien, Grossbritannien, der EU und einigen US-Bundesstaaten tätig sind, unterliegen Vorschriften, die sich mit moderner Sklaverei in Lieferketten befassen", sagt Nneka Chike-Obi, Direktorin für nachhaltige Finanzen bei Fitch Solutions.

"Sie müssen also möglicherweise höhere Kosten im Gegenzug für ein geringeres Risiko in der Lieferkette in Kauf nehmen." Denn bei einen Verstoss gegen Vorschriften drohen ihnen hohe Strafen. So werden etwa in Deutschland große Unternehmen mit dem im Sommer verabschiedeten Lieferkettengesetz verpflichtet, ab 2023 gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverstösse bei ihren Zulieferern vorzugehen. Bei Verfehlungen drohen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des jährlichen Umsatzes.

Erste Auswirkungen der strengeren Vorgaben sind schon sichtbar. Als die USA im vergangenen Jahr Top Glove auf die schwarze Liste setzte, zahlte der Konzern 33 Millionen Dollar an die Wanderarbeiter, um ihnen die in ihren Heimatländern gezahlten Anwerbungsgebühren zu erstatten. Laut Aktivisten sind diese der Hauptgrund für eine Art moderne Sklaverei. Die Kundenerwartungen hätten sich im Laufe der Jahre geändert, räumt Top Glove in einem Schreiben ein. Niedrige Kosten seien nicht mehr ausreichend. Der US-Zoll hob das Verbot gegen Top Glove nach diesem Schritt wieder auf.

Auch Zulieferer ATA, der Teile für Dysons Staubsauger und Luftreiniger lieferte, räumte nach dem Liefer-Aus Verstösse ein und sagte zu, übliche Praktiken wie etwa "exzessive Überstunden" zu überdenken. 

(Reuters)