Im Januar fielen die Exporte um 40,7 Prozent, wie das Statistikamt am Freitag in London mitteilte. In der Aussenhandelsstatistik sind alle Waren berücksichtigt, mit Ausnahme einiger Edelmetalle. Auch die Importe aus der EU fielen kräftig, und zwar um 28,8 Prozent. Das Statistikamt wies darauf hin, dass der Handel nicht nur vom Brexit und neuen Zollregelungen belastet wurde, sondern auch von den Folgen der Corona-Pandemie. Zudem haben viele Unternehmen Lieferungen bereits auf das Jahresende 2020 vorgezogen, um mögliche Handelshemmnissen vorzubeugen.

Grossbritannien ist 2020 aus der EU ausgetreten. Seit Anfang 2021 gilt vorläufig das erst an Weihnachten ausgehandelte Handels- und Kooperationsabkommen, das für Unternehmen zahlreiche Änderungen bringt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) geht davon aus, dass allein deutsche Unternehmen künftig rund zehn Millionen Zollanmeldungen pro Jahr einreichen müssen. Das dürfte etwa 400 Millionen Euro kosten.

Die deutschen Exporte nach Grossbritannien sind im Januar nach Inkrafttreten des Brexit-Handelsabkommens um 29,0 Prozent zum Vorjahresmonat auf 4,3 Milliarden Euro eingebrochen, so das Statistische Bundesamt. Die Importe aus dem Vereinigten Königreich nahmen zugleich um 56,2 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro ab. Experten gehen aber nicht davon aus, dass in den nächsten Monaten ähnlich starke Rückgänge zu verzeichnen sein werden. Allerdings stellen viele Unternehmen wegen des britischen EU-Austritts ihre Lieferketten um. Das wird den Handel mit der Insel weiter bremsen.

Auch wegen des Exporteinbruchs ist die britische Wirtschaft zum Jahresauftakt geschrumpft. Das Bruttoinlandsprodukt sank im Januar um 2,9 Prozent zum Vormonat. Von Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings sogar mit einem Rückgang von 4,9 Prozent gerechnet. "Die Wirtschaft hat im Januar einen deutlichen Schlag einstecken müssen", sagte Jonathan Athow vom Office for National Statistics. Besonders Einzelhandel, Restaurants und Friseure hätten unter dem erneuten Corona-Lockdown gelitten. "Das verarbeitende Gewerbe verzeichnete ebenfalls den ersten Rückgang seit April, wobei der Automobilbau deutlich zurückging", sagte Athow. "Allerdings glichen Zuwächse im Gesundheitswesen durch die Einführung von Impfstoffen und vermehrte Tests die Rückgänge in anderen Branchen teilweise aus." Im gesamten ersten Quartal dürfte das Bruttoinlandsprodukt um etwa vier Prozent schrumpfen, schätzen Ökonomen.

Die britische Wirtschaft ist im Corona-Jahr 2020 um rund zehn Prozent eingebrochen - etwa doppelt so stark wie die deutsche. Die Industriestaaten-Organisation OECD rechnet in diesem Jahr mit einem Wachstum von 5,1 Prozent, dem 2022 ein Plus von 4,7 Prozent folgen soll. Hoffung macht vor allem das schnelle Voranschreiten der Impfkampagne im Vereinigten Königreich. Premierminister Boris Johnson setzt darauf, im Juni die Corona-Beschränkungen aufheben zu können.

(Reuters)