Österreich hat als eines der ersten Länder in Europa mit der Lockerung der Massnahmen im Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie begonnen. Nach einem vierwöchigen Stillstand fast aller Wirtschaftsbereiche dürfen seit Dienstag kleine Läden mit weniger als 400 Quadratmetern Verkaufsfläche sowie die Bau- und Gartenmärkte wieder öffnen.

"Wir sind auf Kurs", sagte Kanzler Sebastian Kurz in Wien. Die Zahlen der Neuansteckungen sowie der Patienten, die ins Krankenhaus müssten, gingen in die richtige Richtung, erklärte er. Österreich könne daher "heute den ersten Schritt in Richtung neue Normalität setzen". Sollten die Infektionszahlen aber wieder sprunghaft steigen, würde die Notbremse gezogen, betonte der konservative Politiker. Die Krise sei schliesslich "noch lange nicht überstanden".

Ziel der Regierung sei es, Österreich wirtschaftlich schneller als andere Staaten wieder aus der Krise herauszubekommen, sagte Kurz. Die Öffnung der Geschäfte sei hier ein wichtiger Schritt. Das Vorgehen unterliegt strengen Auflagen: Alle Kunden und Mitarbeiter müssen einen Mund-Nasen-Schutz tragen sowie einen Mindestabstand von einem Meter einhalten. Zudem ist die Zahl der Personen im Verkaufsraum begrenzt. Augenzeugen berichteten, dass der Andrang in den Baumärkten zwar gross sei, die Menschen aber durchweg diszipliniert seien und sich an die Vorschriften hielten.

Ausgangsbeschränkungen bis Mitte Mai

Ab dem 1. Mai sollen nach Einkaufszentren, grössere Geschäfte und Friseure wieder öffnen können. Restaurants und Hotels könnten ab Mitte Mai schrittweise folgen. Der Betrieb an Schulen und Kindergärten werde ebenfalls frühestens Mitte Mai starten. Die Ausgangsbeschränkungen bleiben bis Ende April in Kraft. "So viel Freiheit wie möglich, so viele Einschränkungen wie notwendig", fasste Kurz zusammen. Noch in dieser Woche könnten weitere Lockerungen im Bereich Sport und Kultur bekanntgegeben werden.

Mit der stufenweise Lockerung der Massnahmen wagt Österreich als eines der ersten Länder in Europa einen Schritt in Richtung Normalität. Das langsame Hochfahren der Wirtschaft ist auch mit Risiken verbunden. Virologen warnen davor, dass die Zahl der Infizierten hochschnellen könnte. Auch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mahnte jüngst zur Vorsicht: Die Aufhebung von Beschränkungen könne zu einer zweiten Welle führen mit hohen Todesraten. Die WHO erwähnte Österreich dabei allerdings nicht explizit.

Bislang sind in Österreich insgesamt 384 Menschen an den Folgen von Covid-19 gestorben - deutlich weniger als einige grössere europäische Länder pro Tag verzeichnen. Bestätigte Fälle gab es bisher rund 14'000. Die tägliche Zahl der Genesenen übersteigt seit geraumer Zeit die der Neuinfizierten. Rund 1000 Patienten liegen im Krankenhaus, 239 auf der Intensivstation.

Vorsichtige Lockerung auch in Spanien

Auch andere westeuropäische Länder haben begonnen, ihre Massnahmen vorsichtig zu lockern: Am Montag liess Spanien die Arbeit im Bau- und verarbeitenden Gewerbe wieder aufnehmen, Dänemark öffnet ab Mittwoch die Schulen für Kinder von der ersten bis zur fünften Klasse sowie Kindertagesstätten.

In Deutschland läuft die Debatte über Lockerungen der Beschränkungen auf Hochtouren. Am Mittwoch will Bundeskanzlerin Angela Merkel mit den Ministerpräsidenten der Länder darüber beraten.

(Reuters/cash)