Der sogenannte Einlagensatz sei auf minus 0,5 Prozent von minus 0,4 Prozent gesenkt worden, teilten die Euro-Wächter am Donnerstag in Frankfurt mit. Sie kündigten zudem an, die im Dezember 2018 beendeten Anleihenkäufe erneut aufzunehmen. Die EZB will ab dem 1. November monatlich Papiere für 20 Milliarden Euro erwerben.

In ersten Reaktionen hiess es dazu:

Thomas Mayer, Flossback von Storch:

"Die weitere Verringerung der Zinsen dürfte mehr schaden als nützen. Niedrigere Zinsen können die Unsicherheit nicht verringern, die gegenwärtig das Investitionsklima belastet. Andererseits bedeuten negative Einlagezinsen bei der EZB eine Strafsteuer für Banken, auch wenn nun ein Teil der Überschussreserven davon ausgenommen wird. Schwindende Profitabilität verringert ihre Kapazität zur Kreditvergabe. Tiefere Kapitalmarktzinsen in Folge der Wiederaufnahme der Anleihekäufe reissen Löcher in betriebliche Pensionsfonds, die Unternehmen mit ihren Gewinnen stopfen müssen. Und viele Sparer, die Aktienanlagen scheuen, werden mehr sparen müssen, um ihre Anlageziele zu erreichen. Unterm Strich dürfte das Wirtschaftswachstum durch die Massnahmen noch schwächer werden und die EZB ihre Inflationsziel noch weiter verfehlen."

Sebastien Dullien, Institut für makroökonomie und Konjunkturforschung:

"Angesichts der zuletzt beobachteten konjunkturellen Abkühlung verbunden mit Inflationsraten weit unter dem Ziel der EZB von 2,0 Prozent ist die heutige geldpolitische Entscheidung der EZB nachvollziehbar und richtig. Zwar ist Deutschland nur ein Teil der Eurozone, aber die gestiegenen Rezessionsrisiken in Deutschland (nach dem aktuellen IMK-Konjunkturindikator nun fast 60 Prozent) kann die EZB nicht ignorieren."

Gerhard Schick, Vorstand Bürgerbewegung Finanzwende:

"Wer fürs Alter vorsorgen will oder wer eine Wohnung sucht, leidet unter der Zinssituation. Hier Auswege zu finden, ist eine wichtige und dringende Aufgabe. Diese Aufgabe kann die EZB aber nicht alleine bewältigen, wenn gefährliche ökonomische und politische Auswirkungen verhindert werden sollen. Damit die Menschen trotz der aktuellen Zinssituation besser privat vorsorgen können, braucht es ein kostengünstiges, staatlich organisiertes und renditeträchtiges Standardprodukt als Alternative. Hier muss endlich ein gesetzlicher Vorstoss von der Bundesregierung erfolgen."

Lisa Paus, Gründen-Finanzexpertin:

"Die EZB ist der falsche Sündenbock – handeln muss die Bundesregierung. Es ist die Aufgabe der Bundesregierung, weitere negative Auswirkungen für Sparer, die Immobilienpreise und die Finanzmarktstabilität abzuwenden. Es ist höchste Zeit für ein zukunftsgerichtetes Investitionspaket."

Sebastien Wanke, KFW-Bank:

"Es ist der vorletzte Entscheid Mario Draghis als EZB-Präsident und sein letzter grosser Wurf. Dieser fällt in etwa so aus wie von den Finanzmarktteilnehmern erwartet. Jedoch glauben aber wahrscheinlich nur noch die wenigsten, dass solche Massnahmen Konjunktur und Inflation zusätzlich spürbar stimulieren können."

Klaus Wiener, Chefökonom vom Versichererverband GDV:

"Mit den heutigen geldpolitischen Entscheidungen nutzt die EZB erneut Instrumente, die Krisensituationen vorbehalten sein sollten. Eine Krise liegt aber weder wirtschaftlich noch politisch vor. Schleppende Konjunkturdaten alleine reichen für derart gravierende Massnahmen nicht aus. Gleichzeitig treten die Nebenwirkungen dieser extremen Positionierung der Geldpolitik immer deutlicher zu Tage. Und sie werden umso grösser, je länger die EZB hieran festhält. Aus Sicht der Versicherungswirtschaft ist von besonderer Bedeutung, dass die Anreize für Sparer, für das Alter vorzusorgen, schwer beschädigt werden. Für die neue EZB-Chefin Lagarde werden die geldpolitischen Weichen damit auf Monate, wenn nicht Jahre gestellt. Dabei wäre ein frischer Blick auf die geldpolitische Strategie unter neuer Führung eine Chance für eine grundlegende Positionsbestimmung gewesen. Diese Chance wurde heute vertan."

Hans-Walter Peters, BDB-Präsident:

"Deflationsgefahren sind im Euro-Raum weit und breit nicht zu erkennen; auch die aktuelle wirtschaftliche Schwächephase rechtfertigt kein weiteres geldpolitisches Notprogramm. Mehr noch: Mögliche Abwertungseffekte für den Euro, die mit der heutigen Entscheidung einhergehen und die Wirtschaft beleben könnten, sind angesichts der globalen Handelskonflikte vergiftet. Denn damit steigt erheblich die Wahrscheinlichkeit ähnlicher Zinssenkungen in anderen Wirtschaftsräumen und das könnte eine Abwertungsspirale in Gang setzen, die niemand wollen kann."

Uwe Burker, LBB-Cheföknoom:

"Das ist Mario Draghis Abschiedsgeschenk an die Märkte. Die Anleihekäufe zu dem frühen Zeitpunkt kamen überraschend, das andere hatten wir grob so erwartet. Gut für die Banken ist, dass die Überschussreservehaltung entlastet wird. Allerdings schreibt die EZB mit den neuen Anleihekäufen, der längeren TLTRO-Laufzeit und der Forward Guidance die Marktzinsen für sehr lange auf den niedrigen Niveaus fest. Die Anleihekäufe könnten sogar noch aufgestockt werden, falls sich die 20 Milliarden Euro als zu wenig herausstellen. In der Summe sieht es ein wenig danach aus, als erwarte der EZB-Rat eine noch deutlichere Abschwächung der Konjunktur als bislang in den Projektionen vorgesehen. Man könnte auch sagen, er sieht eine Rezession über dem Euroraum heraufziehen. Alles weitere überlässt Draghi aber dann Christine Lagarde."

Iris Bethge-Krauss, Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB):

"Je niedriger die Zinsen im Negativbereich, desto höher das Risiko der Blasenbildung. Dies konterkariert das Ziel der EZB, die Märkte zu stabilisieren. Die EZB richtet sich zu einseitig am Ziel der Inflation aus und ignoriert die negativen Aspekte. Der Vorteil der niedrigen Zinsen, sich günstig refinanzieren zu können, wird nicht nur in Deutschland aufgehoben durch die Risiken. Blasen auf dem Immobilienmarkt sind ebenso die Folge wie die Not der Bürgerinnen und Bürger, die nicht mehr wissen, wie sie fürs Alter vorsorgen sollen. Banken werden geschwächt, weil sie kaum noch Erträge erwirtschaften, um Arbeitsplätze zu sichern und Investitionen in digitale Infrastruktur tätigen zu können."

Hans Michelbach, CSU-Finanzexperte:

"Die expansive Geldpolitik der EZB mit einer weiteren Verschärfung der Negativzinsen und einem weiteren Anleihen-Aufkaufprogramm ist ein Irrweg. Es hat sich gezeigt, dass das billige Geld und die Anleiheaufkäufe keine Konjunkturbelebung erreichen. Ausserdem werden die Verunsicherung der Verbraucher und die gesellschaftliche Spaltung erhöht. Die EZB-Beschlüsse sind lediglich ein weiteres Hilfsprogramm für Spekulanten und fördern die Fortsetzung einer ungesunden Schuldenpolitik in etlichen Euro-Staaten. Die Leidtragenden dieser verfehlten Minus-Zinspolitik sind nicht nur Sparer und die private Altersvorsorge. Ihre Folgen werden über kurz oder lang jeden Bürger über höhere Bankgebühren treffen."

Helmut Schleweis, Sparkassenpräsident:

"Die noch expansivere Geldpolitik bringt mehr Schaden als Nutzen. Die negativen Auswirkungen dieser Politik überwiegen mittlerweile, gleichzeitig haben sich die positiven Effekte abgenutzt."

(Reuters)