In der Vollversicherung, die insbesondere vielen KMU-Kunden in BVG-Fragen einen Rundumschutz bietet, sei das Preis-Leistungs-Verhältnis in den letzten Jahren unvorteilhafter geworden, begründet die Tochter des französischen Axa-Konzerns in der Mitteilung vom Dienstag den einschneidenden Schritt. Auch branchenweit würden Vollversicherungen nur noch selektiv gezeichnet.

Dazu geführt hätten die tiefen Zinsen, die zunehmende Umverteilung von Kapital weg von Berufstätigen hin zu Rentnern sowie das enge Anlagekorsett, heisst es weiter. Eine Umverteilung gebe es auch vom Überobligatorium, das ab einer gewissen Lohnhöhe gilt, zum Obligatorium. Bei Axa seien in der Schweiz von 2012 bis 2017 insgesamt mehr als 3,4 Milliarden Franken umverteilt worden.

DER RICHTIGE ZEITPUNKT

"Gemeinsam mit den zuständigen Stiftungsräten hat das Management von Axa Schweiz entschieden, dass wir auf Anfang 2019 die bestehenden Vollversicherungsstiftungen in teilautonome Stiftungen umwandeln werden", erklärte Axa-Schweiz-Chef Fabrizio Petrillo im Gespräch mit AWP. Diese Lösungen seien für die Kunden "flexibler, fairer und attraktiver", ist er überzeugt.

"Wir beobachten die Lage in der beruflichen Vorsorge seit einigen Jahren genau, und sind der Meinung, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für diesen strategischen Wechsel ist", erklärte der CEO weiter. "Hätten wir länger zugewartet, wäre die Umstellung nicht mehr zu derart guten Konditionen möglich gewesen."

Der Wechsel erfolge in Absprache mit der BVG- und Stiftungsaufsicht des Kantons Zürich (BVS), heisst es. Die Finma prüfte derweil die Einhaltung versicherungsaufsichtsrechtlichen Anforderungen.

TIEFERE RISIKOPRÄMIEN

Das Geschäft mit Vollversicherungen umfasst bei Axa Prämieneinnahmen von 7 bis 8 Milliarden Franken, rund 40'000 Kunden und etwa 260'000 Versicherte. Die gelte es nun von den teilautonomen Lösungen der Axa zu überzeugen, weiss Petrillo. Wobei die Kunden auch die Wahl hätten, sich einer Vollversicherung oder einer teilautonomen Lösung eines Konkurrenten anzuschliessen.

Damit dies nicht geschieht, lanciere Axa ein "starkes Angebot", das den KMU Sicherheit gebe. Sie profitierten etwa von besseren Möglichkeiten, um mit dem Sparkapital Ertragschancen wahrnehmen zu können. Zudem bezahlen die Kunden der Sammelstiftungen im Vergleich zu den heutigen Vollversicherungen durchschnittlich rund 30 Prozent tiefere Prämien für Risiken wie Tod oder Invalidität.

Der Wechsel bedeutet für die Kunden aber auch, dass sie in Sachen Anlagerisiken keinen Rundumschutz mehr geniessen, sondern diese mittragen müssen. Dieser Schutz habe aber seinen Preis und sei zunehmend teurer geworden, gibt Petrillo zu bedenken. Für bestehende Altersrentner ändere sich indessen nichts, sie würden zu unveränderten Konditionen bei der AXA verbleiben. "Gleichzeitig wollen wir mit unseren neuen Angeboten auch Neukunden dazugewinnen."

Zum Start überträgt Axa aus dem gebundenen Kapital der Vollversicherung 3,5 Milliarden Franken an Bewertungsreserven an die Sammelstiftungen. Insgesamt gehen Anlagen im Wert von rund 31 Mrd an die Stiftungen über. Bei einem technischen Zins von 2 Prozent belaufe sich der Deckungsgrad Stand heute auf etwa 111 Prozent. Dies biete den Stiftungen eine sehr solide und sichere Ausgangslage, so die Axa.

HOHE ABSCHREIBUNGEN

Die Umstellung ist nicht gratis. Man nehme beispielsweise die Verkleinerung des Prämienvolumens in Kauf, da die Sparbeiträge künftig in den jeweiligen Stiftungen verbucht würden, wird erklärt. Dadurch werde sich das Prämienvolumen im BVG-Geschäft um rund 5,5 Milliarden Franken reduzieren und der Jahresgewinn von Axa Schweiz werde um rund 30 Millionen tiefer ausfallen.

Kommt hinzu, dass die Umstellung einen Abschreiber auf aktivierten, zukünftigen Gewinnen im BVG-Geschäft von 400 Millionen Franken zur Folge hat. Diesen Abschreiber nimmt Axa im ersten Halbjahr 2018 vor. Gleichzeitig wird für die Gruppe Risikokapital in Höhe von rund 2,5 Milliarden frei, welches für künftiges Geschäft und Projekte eingesetzt werden könne, hielt Petrillo fest.

Offen bleibt, welche Auswirkungen der Schritt der Axa in der Beruflichen Vorsorge auf den Gesamtmarkt haben wird und für welchen Weg sich Anbieter wie Swiss Life, Allianz Suisse oder Helvetia entscheiden werden. Sie hatten vor allem im vergangenen Jahr weniger Geschäft mit Vollversicherungen gezeichnet, sich aber für den Erhalt des Angebots stark gemacht.

"Ich bin überzeugt, dass unser Entscheid die zweite Säule in der Schweiz stärken wird", sagte Petrillo. Die Umstellung sei keine direkte Folge des Volksentscheides zur Rentenreform. "Es wäre aber im Interesse des Landes, wenn die politische Diskussion um unser Vorsorgesystem dadurch einen neuen Impuls erhalten würde." Im September hatte sich das Stimmvolk an der Urne gegen den vom Bundesrat lancierten Vorschlag zur Vorsorgereform ausgesprochen.

mk/rw

(AWP)