Wegen der Beschattung eines abtrünnigen Managers musste 2020 der Chef geben, eine Hedgefonds-Pleite verursachte Milliardenverluste, der Verwaltungsratspräsident verlor seinen Job wegen Verstößen gegen Quarantäne-Regeln. Zudem steht die Schweizer Traditionsbank vor Gericht wegen des Vorwurfs von Geldwäsche für einen bulgarischen Kokainhändler.

Es folgt eine Übersicht:

DER BESCHATTUNGS-SKANDAL

Im Februar 2020 setzte der Verwaltungsrat Bankchef Tidjane Thiam vor die Tür, nachdem die Beschattung des ehemaligen Top-Managers Iqbal Khan aufgeflogen war. Khan war zur Erzrivalin UBS gewechselt und die Bank wollte herausfinden, ob er Kunden mitgenommen hatte. Thiam erklärte, keine Kenntnisse von der Beschattung gehabt zu haben.

Die Schweizer Finanzaufsicht Finma attestierte der Credit Suisse nach einer Untersuchung später schwere Mängel in der Organisation. Das Ausmaß der Affäre war demnach weitaus größer als zunächst angenommen. Zwischen 2016 und 2019 sollen insgesamt sieben Menschen beschattet worden sein, auch im Ausland. Ein Insider sagte, unter den Spitzenmanagern habe eine "Kultur der Angst und des Misstrauens" geherrscht.

DER GREENSILL-SKANDAL

Im März 2021 fror die Bank überraschend zusammen mit der Investmentgesellschaft Greensill Capital aufgelegte Fonds im Volumen von zehn Milliarden Dollar ein. Berater der Credit Suisse hatten jahrelang Geld von Investoren eingeworben und es in den als risikoarm geltenden Fonds angelegt. Sie warben damit, dass die dahinter stehenden Kredite voll versichert seien. Als Versicherungsfirmen ihren Schutz entzogen, musste die britisch-australische Greensill Capital Insolvenz anmelden.

Credit Suisse gab eine externe Untersuchung zu dem Vorfall in Auftrag, will die Ergebnisse aber nicht veröffentlichen. Mehrere Mitarbeiter wurden entlassen oder müssen eine Geldstrafe zahlen. Zahlreiche Investoren haben die Credit Suisse zudem verklagt. Das Institut hat inzwischen nach eigenen Angaben 6,75 Milliarden Dollar an Investoren zurückbezahlt.

DER ARCHEGOS-SKANDAL

Nur wenige Wochen nach dem Greensill-Schock folgte der nächste Paukenschlag: Die Bank musste einen Verlust von fünf Milliarden Franken einräumen, weil der Kunde Archegos Capital Management in die Insolvenz rutschte. Fast der gesamte Halbjahresgewinn wurde deshalb aufgefressen. Der Hedgefonds hatte sich mit Aktienwetten verspekuliert, die mit Krediten finanziert waren. Auch Banken in den USA waren davon betroffen, keine aber so stark wie die Credit Suisse.

Erneut stellte ein externes Gutachten dem Institut ein vernichtendes Urteil aus: Credit Suisse sei länger und intensiver bei Archegos involviert gewesen als andere Geldgeber und mehrere Warnsignale seien ignoriert worden. Es habe massive Versäumnisse bei Kontrollen im Investmentbanking gegeben.

DER MOSAMBIK-SKANDAL

Behörden in den USA und Großbritannien brummten der Credit Suisse im Oktober 2021 eine Strafe von fast einer halben Milliarde Dollar auf, um ein Bestechungs- und Betrugsverfahren in Zusammenhang mit Krediten an Mosambik beizulegen. Die Bank bekannte sich schuldig, Investoren wegen eines Darlehens in Höhe von 850 Millionen Dollar an das Land betrogen zu haben. Das Geld sei zur Finanzierung einer Thunfischfangflotte bestimmt gewesen.

Doch rund 200 Millionen Dollar davon sollen als Kickback-Zahlungen an Credit-Suisse-Banker und Mitarbeiter der Regierung in Mosambik geflossen sein.

DER QUARANTÄNE-SKANDAL

Nach nur acht Monaten im Amt erklärte Verwaltungsratschef Antonio Horta-Osorio wegen Verstößen gegen Quarantäne-Regeln am 17. Januar seinen Rücktritt. Der Portugiese hatte selbst gegen Quarantänebestimmungen in der Schweiz verstoßen, indem er das Land zu früh verließ. Wenige Wochen später berichtete Reuters, dass Horta-Osorio im Juli bei einer Reise nach England zum Wimbledon-Endspiel britische Covid-Regeln missachtet hatte.

Horta-Osorio hatte immer betont, dass die Unternehmenskultur in der skandalgeplagten Bank reformiert werde, ausgerichtet auf Verantwortung und Rechenschaftspflicht. Zudem gab es Insidern zufolge Konflikte mit Konzernchef Thomas Gottstein. Nachfolger an der Spitze des Verwaltungsrats wurde Mitglied Axel Lehmann.

DER KOKAINHÄNDLER-SKANDAL

Die Credit Suisse vor Gericht, weil sie laut Staatsanwaltschaft Geldwäsche für einen bulgarischen Kokainhandelsring betrieben haben soll. Bei einer Verurteilung droht ihr eine Strafe von rund 42,4 Millionen Franken. Die Bank bestreitet die Anklagepunkte. Das Urteil wird am 27. Juni erwartet.

Im Zentrum der 515 Seiten langen Anklageschrift steht der frühere bulgarische Spitzenringer Evelin Banev, der in Italien und Bulgarien wegen Drogenschmuggels zu langjährigen Haftstrafen verurteilt wurde. Seinem Clan wird die Einfuhr von mehreren Dutzend Tonnen Kokain von Südamerika nach Europa zur Last gelegt. Ein Vertrauensmann Banevs brachte laut Anklageschrift in Rollkoffern Millionen an Bargeld in gebrauchten Scheinen zur Credit Suisse und legte das Geld in ein Schließfach. Eine Beraterin der Credit Suisse habe mit der Abwicklung von Finanztransaktionen dazu beigetragen, die Herkunft des Vermögens zu verschleiern. Sie habe die Anweisungen ihrer Chefs befolgt, sagte die ehemalige Mitarbeiterin vor Gericht aus.

SUISSE SECRETS

Medienberichten zufolge soll die Credit Suisse über viele Jahre hinweg korrupte Politiker und Autokraten, mutmaßliche Kriegsverbrecher sowie Menschenhändler, Drogendealer und andere Kriminelle als Kunden akzeptiert haben. Die der "Süddeutsche Zeitung" und anderen Medien zugespielten Unterlagen geben Aufschluss über mehr als 18.000 Konten mit einem Gesamtvermögen von über 100 Milliarden Dollar, hinter denen mehr als 30.000 Kunden stehen sollen. Die Finanzmarkaufsicht Finma hat sich die Bank deswegen vorgeknöpft. Die Credit Suisse wies die Vorwürfe zurück und erklärte, die Berichterstattung basiere auf unvollständigen, fehlerhaften oder selektiven Informationen, die aus dem Zusammenhang gerissen seien. Rund 90 Prozent der geprüften Konten seien geschlossen oder im Begriff geschlossen zu werden.

DER BETRUG AM GEORGISCHEN PREMIER

Ende März brummte ein Gericht auf den Bermudas der Bank eine Schadenersatzzahlung von über 500 Millionen Dollar auf, weil ein ehemaliger Kundenberater den früheren georgischen Premierminister Bidzina Iwanischwili und seine Familie über Jahre betrogen hatte. Credit Suisse will gegen das Urteil Berufung einlegen. Iwanischwili, der von 2005 bis 2015 Kunde der Bank war, soll Hunderte von Millionen an Verlusten erlitten haben, weil der mit der Verwaltung seines Vermögens betraute Banker Transaktionen gefälscht haben soll. Der Berater war 2018 von einem Genfer Gericht wegen Betrugs, Fälschung und kriminellen Missmanagements zu fünf Jahren Haft und zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe von rund 130 Millionen Dollar verurteilt worden.

(Reuters)