Die von Gewerkschaften und Linksparteien im März 2019 eingereichte Volksinitiative will einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde festschreiben. Dieser Forderung hat der Grosse Rat im Januar mit 55 zu 38 Stimmen bei einer Enthaltung einen Gegenvorschlag mit einem Mindestlohn von 21 Franken entgegengesetzt. Dieser Kompromiss wurde im Rat von Links bis Rechts mitgetragen. Doch die Gewerkschaften zogen ihre Initiative nicht zurück.
Der von der vorberatenden Grossratskommission gemäss einem Vorschlag der Regierung ausgearbeitete Gegenvorschlag sieht vor, dass der staatlich verordnete Mindestlohn von 21 Franken pro Stunde wie bei der Berechnung der Renten an den Mischindex angelehnt wird. Dieser entspricht dem Durchschnitt von Lohn- und Preisindex.
Der Gegenvorschlag definiert überdies verschiedene Ausnahmen. So entfällt die kantonale Mindestlohn-Vorgaben unter anderem bei allgemeinverbindlichen Gesamt- und Normalarbeitsverträgen, die bereits einen Mindestlohn festlegen.
Keinen Mindestlohn sollen zudem Arbeitnehmende auf Abruf erhalten, wenn sie pro Kalenderjahr nicht mehr als 70 Stunden für ein Unternehmen arbeiten. Auch soll der Mindestlohn nicht für Arbeitnehmende gelten, die vor allem im Ausland arbeiten, und bei Praktikumsverträgen von bis zu sechs Monaten Dauer.
Genf mit Mindestlohn von 23 Franken
LDP, SVP, FDP, Mitte und GLP lehnen Initiative und Gegenvorschlag ab. Gegen einen Mindestlohn sprechen sich auch der Arbeitgeberverband Basel, der Gewerbeverband und die Handelskammer beider Basel aus. SP und Grüne befürworten hingegen sowohl den Gegenvorschlag als auch die Initiative.
Die Basler Regierung spricht sich für den Gegenvorschlag, aber gegen die Initiative aus. Ein Mindestlohn in der Höhe von 21 Franken würde bundesrechtlich als sozialpolitische Massnahme bestehen, so die Regierung. Sie stützt sich dabei auf einen Bundesgerichtsentscheid von 2017. Eine Lohnuntergrenze von 23 Franken könnte dagegen dem Grundsatz der Wirtschaftsfreiheit widersprechen, befürchtet die Regierung.
Als erster Kanton hatte Neuenburg im August 2017 einen Mindestlohn im Gesetz verankert und diesen auf 20 Franken pro Stunde festgelegt. Im Kanton Genf wurde im September 2020 eine Vorlage für einen Mindestlohn von 23 Franken pro Stunde deutlich angenommen. Auch in den Kantonen Jura und Tessin fanden ähnlich gelagerte Initiativen die Zustimmung des Souveräns.
Auf nationaler Ebene war die Mindestlohn-Initiative des Gewerkschaftsbunds im Mai 2014 an der Urne wuchtig abgelehnt worden. In Basel-Stadt lag der Nein-Stimmenanteil damals bei 62,3 Prozent, dem im Kantonsvergleich niedrigsten Anteil an ablehnenden Stimmen.
(AWP)