Sie schieben sich nach dem riesigen Bilanzbetrug gegenseitig die Verantwortung zu. Ein Überblick über einige der Institutionen, die bei Wirecard (nicht) zuständig waren:

BaFin

Die deutsche Finanzaufsicht BaFin ist für die Aufsicht über die Wirecard Bank zuständig, die etwa so gross ist wie eine mittelgrosse deutsche Sparkasse. Bei der Aufsicht über Banken haben auch die Bundesbank und die Europäische Zentralbank (EZB) ein Wort mitzureden.

Zudem ist die BaFin für die Wertpapieraufsicht zuständig und hat Leerverkäufer, Journalisten und Verantwortliche von Wirecard wegen des Verdachts der Marktmanipulation bei der Staatsanwaltschaft München angezeigt. Da die Wirecard AG nicht als Finanz-Holding eingestuft wurde, war nach Darstellung der Behörde zunächst die "Bilanzpolizei" DPR für die Prüfung der Vorwürfe der Bilanzmanipulation zuständig. A

uch mit der Aufsicht nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) habe man der Wirecard AG nicht beikommen können. Nur einige Tochterfirmen im Ausland seien als Zahlungsanbieter einzustufen, nicht aber der Konzern selbst, argumentiert die BaFin.

Staatsanwaltschaft München

Die Staatsanwaltschaft muss laut Gesetz automatisch Ermittlungen aufnehmen, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für Betrug, Bilanzfälschung, Marktmanipulation, Geldwäsche oder andere Straftaten hat. Anzeigen können ihr dabei helfen, sie kann jedoch auch ohne Anzeigen ermitteln. Angewiesen sind die Strafverfolger nach eigenen Angaben aber oft auf die Erkenntnisse spezieller Fachbehörden wie etwa der BaFin.

Deutsche Prüfstelle für Rechungslegung (DPR)

Die auch als "Bilanzpolizei" bekannte DPR wurde im Februar 2019 von der BaFin mit der Prüfung der Wirecard-Bilanz beauftragt. Ergebnisse lagen bis zur Insolvenz nicht vor. Die DPR erklärt, sie habe die Prüfung nicht verschleppt.

"Das Aufspüren von Bilanzbetrug und Ermittlungen sind nicht Teil des Aufgabenkatalogs", betont sie zudem. Dazu fehlten der DPR als privatrechtlichem Verein Durchgriffsrechte, wie sie etwa eine Staatsanwaltschaft habe. Die Bundesregierung hat den Vertrag mit der DPR zum Jahresende 2021 gekündigt.

Regierung von Niederbayern

Die Geldwäsche-Aufsicht über Wirecard wäre bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen in den Aufgabenbereich der Regierung von Niederbayern gefallen. "Bei der Firma Wirecard AG steht das Erbringen technischer und IT-Dienstleistungen im Vordergrund, und nicht das Erwerben, Halten und Veräussern von Beteiligungen als Haupttätigkeit", erklärt eine Sprecherin.

Die Wirecard AG sei daher nicht Verpflichtete des Geldwäschegesetzes im Zuständigkeitsbereich der Bezirksregierung. Letzendlich war damit niemand für die Geldwäsche-Aufsicht über den Konzern zuständig.

Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS

Die Abschlussprüferaufsichtsstelle APAS, die beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) angesiedelt ist, übt seit dem 17. Juni 2016 die Aufsicht über Abschlussprüfer in Deutschland aus. Die APAS unterliegt laut Wirtschaftsministerium der Rechtsaufsicht des Ministeriums, aber nicht der Fachaufsicht, agiert also unabhängig.

Kritiker bemängeln, dass der Wirecard-Prüfer EY über Jahre die Bilanzen des Dax-Konzerns testiert und erst zuletzt auf Ungereimtheiten hingewiesen hat. Andere Experten betonen dagegen, es sei lediglich Aufgabe der Apas, in Stichproben zu bewerten, ob bestimmte Prüfstandards eingehalten worden seien, nicht aber im Einzelfall nachzurechnen. 

(Reuters)