"Falls wir am Ende ein etwas höheres Zinsumfeld haben, wäre das tatsächlich ein Plus aus Sicht der Gesellschaft und der Fed", sagte die US-Finanzministerin Janet Yellen am Wochenende in einem Interview. Befragt wurde sie nach möglichen Folgen des billionenschweren Ausgabenprogramms der USA.

Schon Anfang Mai gab Yellen zu Protokoll: "Es könnte sein, dass die Zinsen etwas ansteigen müssen, damit sichergestellt ist, dass unsere Wirtschaft nicht überhitzt." Die Folge war ein Kurssturz an den Börsen, und den Satz musste Yellen kurze Zeit später relativieren. 

Dennoch blieb merkwürdig: Eine erfahrene Notenbankerin wie Yellen hätte um die Wirkung ihrer Worte zum Thema Geldpolitik wissen müssen. Wollte die ehemalige Fed-Chefin mit dem Satz mal kurz testen, wie die Märkte reagieren, wenn das Wort Zinserhöhung in die Runde geworfen wird? 

Solche Theorien halten sich an den Märkten hartnäckig. Und die Tatsache, dass Yellen sich nun schon zum zweiten Mal innert kurzer Zeit wohlwollend zum Thema "höhere Zinsen" geäussert hat, macht Beobachter ebenfalls hellhörig: Übt die Finanzministerin sanft Druck aus? Bereitet sie das Feld für die Fed rhetorisch vor, damit diese die Diskussion über ein Ende der extrem lockeren Geldpolitik etwas unbeschwerter anschieben kann? Obwohl Notenbank und Regierung strikt getrennte Institutionen sind?

Anlegerinnen und Anleger sollten solche Signale jedenfalls genau beobachten. Auch innerhalb der Fed will eine Gruppe von Notenbankern eine Debatte über das Abschmelzen der Konjunkturhilfen sehr bald anstossen. Die noch immer mehrheitsfähige Annahme an den Märkten, dass eine solche Debatte erst spät im zweiten Halbjahr "offiziell" beginnt, könnte also sehr schnell obsolet werden. 

Um ein Ende des Langzeit-Ausnahmezustandes des billigen Geldes herbeizuführen, bedarf es zunächst einer Rückführung der Anleihekäufe durch die Zentralbanken – mit anschliessender Leitzinserhöhungen. Doch schon alleine Andeutungen einer milden Straffung der Geldpolitik führte in den letzten Jahren zu Verwerfungen an den Märkten. 

So geschehen Ende 2018. Oder 2013. Der damalige Notenbank-Chef Ben Bernanke hatte in einer Anhörung im US-Kongress beiläufig die Bemerkung fallengelassen, die Fed könnte bei anhaltend positiven Wirtschaftsdaten ihre Wertpapierkäufe schrittweise zurückfahren. Es kam erst zu einem Ausverkauf von Investments in Schwellenländern, dann taumelten auch unsere Börsen. Der Swiss Market Index etwa verlor in wenigen Wochen rund 15 Prozent seines Wertes. 

Wie und ob die Zentralbanken auf mittel- und langfristige Sicht die Abkehr aus der lockeren Zinspolitik schaffen, ist die grosse Frage der nächsten Jahre. Es ist nicht anzunehmen, dass dies ohne Rücksetzer an den Aktienmärkten über die Bühne gehen wird. Umso wichtiger, dass man während dieser Zeit grosskapitalisierte Qualitätsaktien und Firmen mit tiefer Verschuldung im Portfolio hat.