Die Rendite zweijähriger deutscher Bundesschatzanweisungen - die am sensibelsten auf Änderungen der Geldpolitik reagieren - kletterte am Montag zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrzehnt über die 1-Prozent-Marke. Die Renditen italienischer Referenzanleihen stiegen ebenfalls an und erreichten den höchsten Stand seit 2014. Der Abstand zu deutschen Pendants stieg auf bis zu 235 Basispunkte, den höchsten Stand seit Mai 2020.

Hintergrund ist die Neubewertung der Aussichten für eine weltweite Verschärfung der Geldpolitik durch die Zentralbanken, nachdem unerwartet hohe US-Inflationsdaten am Freitag die Vermutung zunichte gemacht haben, dass das Preiswachstum seinen Höhepunkt erreicht haben könnte.

Auch in Europa ist der Markt dabei, den "aggressiveren" Zinserhöhungsplan der EZB zu verdauen. Die EZB-Ratsmitglieder signalisierten vergangene Woche ihre Absicht, die Zinsen im nächsten Monat um einen Viertelprozentpunkt anzuheben. Sie deuteten an, dass eine weitere Erhöhung um einen halben Punkt im September möglich sei, was der grösste Zinsschritt seit 2000 wäre.

Risikoprämie baut sich auf

"Da der Höhepunkt der Inflation noch vor uns liegt und die Zentralbanken dem Markt erlauben, Zinserhöhungen einzupreisen, baut sich eine Risikoprämie auf", sagte Rohan Khanna, Zinsstratege bei UBS. "Bei einer so hohen Inflation sind alle Optionen wieder auf dem Tisch."

Der Geldmarkt rechnet inzwischen damit, dass die Frankfurter Währungshüter bis Oktober den Einlagensatz auf 0,75 Prozent anheben, von aktuell minus 0,5 Prozent. Das impliziert angesichts des Sitzungskalenders zwei Zinsschritte in Höhe von 50 Basispunkten.

Händler haben auch die Wetten auf Zinserhöhungen der Federal Reserve erhöht und wetten darauf, dass die Zentralbank der USA die Zinsen in den nächsten drei Sitzungen mindestens einmal um einen dreiviertel Prozentpunkt anheben wird.

Frankreich-Wahlen belasten Bondkurse

Der Ausverkauf der Anleihen europäischer Peripherieländer, wie etwa Italiens, war besonders heftig. Die EZB hat am Donnerstag kein neues Instrument - wie etwa ein weiteres Anleihekaufprogramm - vorgestellt. Einige Anleger halten das für notwendig, um eine unverhältnismässige Verschärfung der finanziellen Bedingungen in den wirtschaftlich schwächeren Ländern des Euroraums zu verhindern.

Französische Anleihen fielen am Montag ebenfalls, nachdem der erste Wahlgang für die Nationalversammlung in Paris darauf hindeutet, dass Präsident Emmanuel Macron seine absolute Mehrheit verlieren könnte. Die Renditen zehnjähriger Anleihen stiegen um bis zu 10 Basispunkte auf 2,19 Prozent und damit auf den höchsten Stand seit März 2014.

Die Schatzrendite stieg um bis zu 13 Basispunkte auf 1,1 Prozent und damit auf das Doppelte des noch am 1. Juni erreichten Wertes. Die Rendite 10-jähriger italienischer Anleihen stieg um 15 Basispunkte auf 3,91 Prozent.

(Bloomberg)