Der Direktor der Finanzmarktaufsicht (Finma), Mark Branson äussert sich in einem Interview mit der "NZZ am Sonntag" zu den schweren Vorwürfen seiner Behörde gegen die Bank Raiffeisen.  "Die Kontrolle der Geschäftsleitung ist eine zentrale Aufgabe des Verwaltungsrats. Er hat diese Aufgabe viel zu lasch wahrgenommen", sagte Branson.

Vor allem die persönliche Involvierung des früheren Konzernchefs von Raiffeisen, Pierin Vincenz, in bestimmte Transaktionen sei sehr heikel gewesen. "Dass der CEO nicht in den Ausstand treten musste, zeigt, dass der Verwaltungsrat den CEO nicht im Griff hatte", erklärte er weiter.

Für Mark Branson ist es wichtig, dass sich der Raiffeisen-Verwaltungsrat nach dem "kollektiven Versagen" in der Ära von CEO Pierin Vincenz erneuert. "Dieser Prozess ist im Gang und wir werden ihn eng begleiten", sagte er im Interview.

Branson bekräftigte in dem Interview die Vorwürfe des am Donnerstag veröffentlichten Enforcement-Berichts der Finma. Bei den Transaktionen rund um die Beteiligungsgesellschaft Investnet, bei den Krediten der Bank an Vincenz und ihm nahestehende Personen sowie bei der Kontrolle über die Kostenstelle des ehemaligen CEO zeige sich ein einheitliches Bild: "Der Verwaltungsrat hat seine Kontrollfunktion nicht wahrgenommen."

Bei der Aufforderung der Finma an Raiffeisen, die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft zu prüfen, gehe es nur um Raiffeisen Schweiz, also die zentrale Einheit in St. Gallen, stellte Branson klar. Es gehe nicht um die 250 regionalen Genossenschaftsbanken. "Auf jeden Fall wird die Raiffeisen von ihrem genossenschaftlichen Geist geprägt bleiben."

In einem Interview mit der "SonntagsZeitung" sagte der Verwaltungsratsvizepräsident von Raiffeisen, Pascal Gantenbein, dass der Finma-Bericht über die Untersuchung schärfer als erwartet formuliert gewesen sei. "Die Tonalität hat mich überrascht. Ich glaube, die Finma wollte deutlich machen, dass das Enforcement-Verfahren von grosser Wichtigkeit sei. Das Ausmass der Probleme hat mich dagegen nicht überrascht", sagte Gantenbein.

(AWP)