Die Ex-Tory-Frauen riefen andere Abgeordnete öffentlich auf, ihrem Beispiel zu folgen. Beobachter meinen, dass sich dadurch die Machtverhältnisse im Parlament ändern und dies möglicherweise doch noch zu einer Lösung im Streit um den EU-Austritt führen könnte.

Premierministerin Theresa May äusserte sich "betrübt über diese Entscheidung", aber unerschütterlich. Sie betonte mit Blick auf den am 29. März geplanten Brexit: "Wir machen das Richtige für unser Land."

Die drei abtrünnigen Politikerinnen hielten dagegen: "Das Land hat etwas Besseres verdient." Sowohl bei den Konservativen als auch in der Labour-Partei seien grosse Fehler gemacht worden. Die Politik brauche eine schnelle, radikale Reform. "Und wir sind dazu entschlossen, unseren Beitrag zu leisten."

Der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei SNP, Ian Blackford, sprach im Parlament von einer "konstitutionellen Krise, am Rande einer Brexit-Katastrophe". Das Unterhaus sei im Krieg mit sich selbst. "Die Tories und die Labour-Partei implodieren", sagte Blackford.

Das Londoner Parlament ist über den Brexit-Kurs total zerstritten. Mays Minderheitsregierung, die von der nordirischen Partei DUP gestützt wird, ist auf jede Stimme angewiesen.

Die neue Gruppe war von sieben Labour-Abgeordneten am vergangenen Montag aus Protest gegen den Brexit-Kurs ihres Parteichefs Jeremy Corbyn gegründet worden. Der 69-Jährige, der lange keine klare Position zum EU-Austritt bezogen hat, setzt auf Neuwahlen.

Die Mitglieder kritisieren auch den Umgang des Altlinken mit antisemitischen Tendenzen in seiner Partei. Eine achte Labour-Abgeordnete, Joan Ryan, verliess am Mittwoch Labour. Sie sei "erschrocken, entsetzt und wütend" darüber, dass Corbyn Beleidigungen von Juden ungestraft durchgehen lasse, sagte Ryan der BBC. Er sei nicht geeignet, künftig das Land zu führen.

Im vergangenen Sommer hatte Corbyn eingeräumt, dass Disziplinarverfahren gegen antisemitische Parteimitglieder zu langsam und zaghaft betrieben worden seien. Kritiker werfen ihm ausserdem eine einseitige Unterstützung der Palästinenser im Nahostkonflikt vor.

Schon länger wird befürchtet, dass Labour auseinanderbrechen könnte. Die Meinungen über Corbyn gehen in der Partei stark auseinander. Viele junge Leute zog er in Scharen in die Partei.

Unklar ist, ob die neue Gruppe im Parlament sich zu einer Partei formieren wird. Das britische Wahlsystem, das nur das Direktmandat kennt, bevorzugt die beiden grossen Parteien. Kleinere haben es extrem schwer, Sitze im Unterhaus zu erringen. Dennoch tun sich beide grossen Parteien zunehmend schwer damit, eine klare Regierungsmehrheit zu gewinnen./si/DP/fba

(AWP)