Die Brexit-Hardliner in London fürchten, ein solches Provisorium könnte am Ende zur Dauerlösung werden und fordern eine klare zeitliche Begrenzung. Das wiederum will Brüssel offenbar unbedingt vermeiden. Ein Zugeständnis Londons in der Frage gilt als Voraussetzung für eine baldige Einigung über das Brexit-Abkommen. Bereits in der kommenden Woche will die EU, dass ein Deal in Reichweite ist. Zuletzt hatte es Zeichen für eine Annäherung gegeben. Auch der britische Finanzminister Philip Hammond zeigte sich vorsichtig optimistisch. Er verzeichnete einen "deutlichen Umschwung" in den Verhandlungen. "Der Ablauf ist viel positiver diese Woche, die Materie ist noch immer sehr herausfordernd", sagte Hammond in einem BBC-Interview.

Die Regierung versuchte am Freitag die Brexit-Hardliner zu beschwichtigen. "Die Premierministerin würde nie einem Abkommen zustimmen, das Grossbritannien dauerhaft in einer Notfalllösung festhält", sagte eine Regierungssprecherin in London. Von einer zeitlichen Befristung sprach sie indes nicht. Beobachter gehen daher davon aus, dass die Unterhändler an einer Formulierung schmieden, die zwar kein konkretes Datum nennt, aber Bedingungen, wie eine Notfalllösung beendet werden soll.

Doch im Kabinett in London rumort es. Bei einer Sitzung wichtiger Kabinettsmitglieder soll May ihre Minister am Donnerstagabend auf die Zugeständnisse vorbereitet haben. Befürworter eines klaren Bruchs mit Brüssel im Kabinett hätten daraufhin ihr Unbehagen zum Ausdruck gebracht, berichtete die BBC. Darunter seien Aussenminister Jeremy Hunt, Umweltminister Michael Gove, Handelsminister Liam Fox und Brexit-Minister Dominic Raab gewesen.

Fox und Raab gelten als mögliche Rücktrittskandidaten. Noch am Dienstag hatte Raab eine unbefristete Mitgliedschaft Grossbritanniens in der Europäischen Zollunion im Parlament kategorisch ausgeschlossen. Erst im Juli hatten Raabs Vorgänger David Davis und der damalige Aussenminister Boris Johnson im Streit um Mays Brexit-Pläne ihr Amt niedergelegt.

Auch im Parlament gibt es heftige Gegenwehr gegen Zugeständnisse an Brüssel. Bis zu 40 Brexit-Hardliner in der konservativen Fraktion könnten einen Deal mit der EU im Londoner Parlament scheitern lassen, wird befürchtet. Dazu kommt der Widerstand der nordirischen Protestantenpartei DUP, auf deren Stimmen May im Parlament angewiesen ist. Sie stemmen sich dagegen, dass Nordirland im Notfall teilweise weiterhin Regeln des Binnenmarkts unterworfen sein könnte, auch das gilt als Voraussetzung für einen Brexit-Deal. DUP-Abgeordnete warnten am Freitag, May riskiere die Einheit Grossbritanniens, sollte sie die Pläne nicht fallen lassen./cmy/DP/nas

(AWP)