In diesem letzten Punkt herrschte unter den Richtern der zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung des Bundesgerichts einhellige Einigkeit.
Auseinander gingen die Voten jedoch hinsichtlich der zwei zentralen Fragen in diesem Fall: Handelt es sich beim französischen Amtshilfegesuch um eine unerlaubte Fishingexpedition? Und besteht die Gefahr, dass die Daten im Geldwäschereiverfahren gegen die UBS in Frankreich verwendet werden?
Die Mehrheit der Richter war der Ansicht, die französischen Behörden hätten ausreichend aufgezeigt, dass auf den Listen in Frankreich steuerpflichtige Personen aufgeführt sein könnten, die ihren fiskalischen Pflichten nicht nachgekommen seien.
Hinsichtlich des so genannten Spezialitätsprinzips, gemäss welchem Daten nicht für einen anderen Zweck verwendet werden dürfen, erachtete der obsiegende Teil der Richter die Zusagen der Franzosen als ausreichend. Die ESTV hatte sich nach mehrmaligem Nachhaken mit den französischen Behörden auf eine Abmachung geeinigt.
Ausdrückliche Erwähnung
Die Richter sagten, es solle ausdrücklich ins Urteil aufgenommen werden, dass eine Verwendung der Informationen für den UBS-Prozess gemäss den Vorgaben des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen der Schweiz und Frankreich nicht zulässig sei.
Die abgegebenen Zusagen betrachteten die beiden anderen Richter nicht als ausreichend. Insbesondere der Referent wies auf die Äusserungen hin, die im Rahmen des noch nicht rechtskräftigen Urteils gegen die UBS gemacht worden waren - nämlich dass solche Informationen verwendet würden.
Der Referent argumentierte weiter, die französische Behörde habe nicht ausreichend dargelegt, dass ein gesetzeswidriges Verhalten vorliegen könnte. Während auf der ersten der drei von den Franzosen gelieferten Listen die Namen vorhanden sind, bestehen die beiden anderen Listen lediglich aus Kontonummern.
Prüfungen der französischen Steuerbehörde hatten ergeben, dass vom ersten kontrollierten Drittel der ersten Liste die Hälfte der aufgeführten Personen ihre Vermögen nicht korrekt versteuert hatten. Sie schloss daraus, dass sich auch auf den anderen beiden Listen Steuersünder befinden. Diesen Schluss erachtete der Referent als abwegig.
Im Statement der UBS heisst es am Freitag: "Wir werden das schriftliche Urteil sorgfältig prüfen." Unabhängig davon sei es wichtig, dass die Eidgenössische Steuerverwaltung die Einhaltung des Spezialitätsprinzips sicherstelle, bevor sie Daten teile.
Listen aus Deutschland
Die französische Steuerbehörde stellte im Mai 2016 ein Amtshilfegesuch an die ESTV. Basis des Gesuchs waren drei Listen. Diese waren im Rahmen einer deutschen Untersuchung und Hausdurchsuchung bei der UBS in den Jahren 2012 und 2013 in Nordrhein-Westfalen beschlagnahmt worden. Deutschland hatte die Listen an Frankreich weitergegeben.
Konkret bat die Steuerbehörde um die Namen, Geburtsdaten und Adressen der Kontoinhaber, der wirtschaftlich Berechtigten und der Personen, die Rechte und Pflichten gegenüber den beiden genannten Personengruppen haben. Zeitlich umfasst das Gesuch die Jahre 2010 bis 2015.
Milliardenguthaben
Wie aus dem Sachverhalt des Bundesgerichts hervorgeht, gaben die französischen Steuerbehörden an, die Vermögenswerte auf den Listen würden sich auf über 11 Milliarden Franken belaufen.
Bei der im Jahr 2013 eingerichteten Regularisierungsstelle in Frankreich sollen gemäss den französischen Angaben 45'000 Gesuche von Steuerpflichtigen eingegangen sein, die nicht alle ihre Vermögenswerte versteuert hätten. Insgesamt seien 5,5 Milliarden Euro an Steuern und Strafzahlungen eingenommen worden. 91 Prozent der Vermögen hätten Schweizer Finanzinstitute betroffen.
Die Eidgenössische Steuerverwaltung wollte dem Amtshilfegesuch der Franzosen nachkommen. Die UBS legte gegen die entsprechende Verfügung erfolgreich Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Das Bundesverwaltungsgericht kam zum Schluss, die französischen Steuerbehörden hätten nicht ausreichend dargelegt, warum davon auszugehen sei, dass die betroffenen Steuerpflichtigen ihren fiskalischen Pflichten nicht nachgekommen seien. Allein ein Konto in der Schweiz zu haben, reiche nicht aus. (Urteil 2C_653/2018 vom 26.07.2019)
(AWP)