Grund für die Kritik war ein kurzfristig mitgeteilter Lieferengpass für den Impfstoff von Moderna. BAG-Direktorin Anne Lévy konterte die Kritik vor allem aus dem Kanton Bern und stemmte sich gegen das Argument, die Impf-Logistik wäre in privater Hand besser aufgehoben.

"Der Kanton Bern fordert den Bund auf, sich personell neu zu orientieren und die Verantwortung für das Lieferungs- und Impfprogramm Fachleuten aus der Wirtschaft zu übertragen, um einen professionellen Ablauf sicher zu stellen", hiess es wörtlich in einer Mitteilung der Berner Gesundheitsdirektion vom Samstag.

Diesen Lieferengpass habe ja ausgerechnet ein privates Unternehmen zu verantworten, sagte dazu BAG-Direktorin Lévy am Samstagnachmittag im Schweizer Radio SRF. Das Problem liege also beim Hersteller. Sie stellte sich damit dem Vorwurf auch von Seiten des Berner Gesundheitsdirektors Pierre-Alain Schnegg (SVP) entgegen.

Lukas Engelberger, Präsident der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) gab gegenüber Radio SRF der Enttäuschung der Kantone Ausdruck, sah die Ursache für das Moderna-Lieferproblem aber ebenfalls beim Hersteller und nicht beim Bund.

Nur ein Fünftel Impfstoff geliefert

Moderna hatte der Schweiz am Samstag lediglich rund ein Fünftel der angekündigten Impfdosen geliefert. Die restlichen 280'000 Dosen sollen in der kommenden Woche nachgeliefert werden, wie das BAG auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA mitteilte.

Der Bund habe am Freitagabend den Kantonen mitgeteilt, dass die angekündigte umfangreiche Lieferung an Moderna-Impfstoff nur in sehr geringem Umfang eingetroffen sei, hatte die Gesundheitsdirektion des Kantons Bern geschrieben. Und diese Mitteilung erfolge nur einen Tag, nachdem an einem Treffen von Bundesrat Alain Berset, dem BAG und allen kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren von Bundesseite mit Nachdruck verlangt worden sei, die zweite Dosis nicht mehr zur Reserve an Lager zu behalten.

Das BAG erinnerte daran, dass in der Schweiz noch hunderttausende unverimpfte Impfdosen an Lager sind. Auch der Kanton Bern habe entsprechende Reserven. Ausserdem könne eine Zweitdosis laut den neuesten Empfehlungen der Eidgenössische Kommission für Impffragen (EFIK) ausnahmsweise auch bis zu 8 Wochen nach der ersten verabreicht werden.

Unterdessen wehrte sich die Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (SVP) gegen den Vorwurf, der bevölkerungsreichste Kanton trödle bei den Impfungen. "Grosse Kantone impfen langsamer als kleinere, weil die Logistik anspruchsvoller ist", sagte sie dem "SonntagsBlick". Zürich sei auf Kurs. Ziel sei es, 70 Prozent der über 16-Jährigen zu impfen, rund 900'000 Menschen. "Ist dieses Ziel erreicht, werden wir einen relativ normalen Sommer erleben."

Für Privilegierung von Geimpften

Mehr als die Hälfte der Befragten sprachen sich im April in einer Comparis-Umfrage für eine privilegierte Behandlung für Personen mit einem "Corona-Gesundheits-Nachweis" aus. Im vergangenen November hatten diesen noch 59 Prozent der Befragten abgelehnt.

Der Widerstand gegen Privilegien für Geimpfte, Genesene oder negativ auf das Coronavirus Getestete sei damit im Vergleich zum November deutlich zurückgegangen, schreibt Comparis in einer Mitteilung vom Sonntag.

Gegner-Demo in Schaffhausen

Knapp 1000 Gegnerinnen und Gegner der Corona-Massnahmen versammelten sich am Samstagnachmittag in der Schaffhauser Fussgängerzone zu einer Demonstration. Bewilligt war die Kundgebung nicht. Die Polizei schritt "im Sinne der Verhältnismässigkeit" nicht ein. Gegen Unvernunft gibt es keine Mittel", hatte die Polizei ihr Vorgehen bereits am Nachmittag auf Twitter begründet.

Insgesamt habe sie 31 Wegweisungen ausgesprochen, drei Reisebusse bei der Anfahrt zurückgeschickt und eine Person wegen Widerhandlung gegen die Wegweisung verzeigt, schrieb die Schaffhauser Polizei am Abend in einer Mitteilung. Neben den Verstössen gegen die Schutzmassnahmen habe es keine weiteren Straftaten gegeben.

Während rund drei Stunden standen die knapp 1000 Massnahmen-Gegner auf dem Fronwagplatz und beschallten die Fussgängerzone mit Kuhglocken und Trillerpfeifen. Treichler zogen durch die Gassen. Eine Maske trug aus Prinzip niemand.

Party-Ende und Busse

Am Wochenende rückte die Zürcher Polizei zwei Mal aus, um Verstösse gegen die Covid-19-Verordnung zu unterbinden. In Rümlang löste sie in der Nacht auf Sonntag eine illegale Party mit über 100 Teilnehmenden auf; alle kassierten eine Busse. Gegen die Organisatoren wird ein Verfahren eingeleitet.

In der Nacht zuvor hatte die Polizei bereits im Stadtzürcher Kreis 4 eine organisierte Party mit rund 40 Feiernden aufgelöst; auch diese erhielten alle eine Busse, wie die Polizei mitteilte.

(AWP)