Erneut vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag innerhalb von 24 Stunden rund 6000 neue bestätigte Infektionen mit dem Coronavirus. Das sind fast doppelt so viele, wie eine Woche zuvor. Zudem registrierte das BAG innerhalb des gleichen Zeitraums 167 Spitaleinweisungen und 16 neue Todesfälle.

Nach Angaben von Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle im Bundesamt für Gesundheit, liegt die Positivitätsrate nunmehr bei rund 24 Prozent bei ungefähr 25'000 Tests pro Tag. Gleichzeitig steige die Zahl der Todesfälle mit einer Geschwindigkeit, die vergleichbar sei mit der ersten Welle, sagte Masserey vor den Medien.

Die positiven Fälle nähmen in allen Altersgruppen zu, aber bei den jungen Erwachsenen stiegen sie am schnellsten. Am wenigsten betroffen seien weiterhin die Kinder. Hingegen beschleunige sich die Infektionsrate nun auch bei den älteren Menschen. Und deswegen bereiteten die steigenden Zahlen von Spitaleinweisungen auch Sorge. 

Mehr Intensivplätze bringen nicht viel

Denn sollten jetzt keine Massnahmen getroffen werden, "reichen die Betten auf den Intensivstationen noch für 10 bis 14 Tage", sagte Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrats für den Koordinierten Sanitätsdienst (KSD).

Die Spitäler hätten zwar Massnahmen ergriffen, um auf ihren Intensivstationen mehr Platz für Corona-Patienten zu schaffen, sagte Martin Ackermann, Präsident der wissenschaftlichen Covid-19-Taskforce des Bundes. Aber auch wenn die Zahl der Plätze um 200 erhöht würde, gewänne die Schweiz nur gerade 32 Stunden.

Zu einschneidenden Massnahmen gebe es keine Alternative. "Wir müssen diese Entwicklung stoppen und die Hälfte aller Neuinfektionen verhindern", sagte Ackermann.

75 Prozent Mobilität

Trotzdem handelten die Menschen nicht wie Mitte März, als sie ihre Mobilität eingeschränkt hätten. Das Mobilitätsniveau sei viel höher als auf dem Höhepunkt der ersten Corona-Welle und liege bei rund 75 Prozent verglichen mit der Situation vor Corona.

Die Schweizerische Gesellschaft für Notfall- und Rettungsmedizin äusserte in einer Mitteilung denn auch ihr Unverständnis darüber, dass die Vorschläge der wissenschaftlichen Taskforce kein Gehör fänden. Die unterschiedlichen und "teils ungenügenden" Schutzmassnahmen verunsicherten die Bevölkerung.

Dadurch greift auch der Aufruf zur Selbstverantwortung und persönlichen Einschränkung nicht. Denn die Bevölkerung verstehe nicht, warum härtere Vorgaben nur in einzelnen Kantonen gelten sollten. Die Notfallmediziner fordern deshalb vom Bundesrat einheitliche Vorgaben. "Wir wollen nicht, dass die Schweiz ein zweites Bergamo wird", schreibt die Gesellschaft.

Erwerbsersatzregelung bis Ende Juni 2021

Wirtschaftlich befindet sich vor allem die Tourismus- und Gastronomiebranche bereits jetzt in einer existenziellen Krise. Eine Umfrage von Gastrosuisse zeigt, dass die Hälfte der Betriebe in ernsten finanziellen Schwierigkeiten steckt. Zwei von fünf Betrieben dürften das Winterhalbjahr nicht überstehen und für immer schliessen.

Damit wären 100'000 Arbeitsplätze in Gefahr. "Das Gastgewerbe steht kurz vor dem Kollaps", sagte Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer in Zürich. Während der Sommermonate hätten viele Betriebe noch einigermassen gut verdient. Doch seit Beginn der zweiten Welle habe sich die Lage dramatisch verschlechtert. Er wolle nicht schwarzmalen, aber es brenne. "Viele Unternehmen haben überhaupt keine Perspektive mehr."

Deshalb arbeitet das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) nun "mit Hochdruck" an der Härtefallregel für besonders hart von der Corona-Pandemie betroffene Betriebe, wie Boris Zürcher, Leiter Direktion für Arbeit ausführte. Es gehe unter anderem um die Eventbranche, die Reisebranche und touristische Betriebe.

Stéphane Rossini, Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV), seinerseits hielt fest, dass verschiedene Massnahmen zur Stützung der Wirtschaft weiterhin gelten. Beispielsweise bleibe die Corona-Erwerbsersatzregelung bis Ende Juni 2021 in Kraft.

(AWP/cash)