Madrid/Rom (awp/sda/dpa/afp/apa) - Nach Italien bleibt Spanien das von der Coronavirus-Pandemie am schwersten betroffene Land in Europa. Am vierten Tag in Folge vermeldeten die spanische Behörden am Dienstag einen Anstieg der Todesfälle von mehr als 800 Menschen innerhalb von 24 Stunden.

In Italien, dem Epizentrum der europäischen Ansteckungswelle, wurden die Fahnen auf halbmast gesetzt, um der insgesamt schon über 11'000 Toten zu gedenken.

"Ich glaube, dass April weiterhin eine extrem schwierige Zeit für uns sein wird. Wir müssen die Energien finden, um diesen Kampf weiterzuführen", sagte Mailands Bürgermeister Giuseppe Sala. Vor Ostern sei mit keiner Auflockerung der Ausgangssperre zu rechnen. Italienische Medien berichteten, dass um den 4. Mai die rigorosen Massnahmen zur Eingrenzung der Epidemie aufgelockert werden könnten.

In Spanien hofft man darauf, dass die Kurve der Neuerkrankungen langsam abflacht. "Die Zahlen fallen in den erwarteten Bereich", hiess es.

Deutschland hatte einen bisher einigermassen ruhigen Verlauf der Erkrankungen, es wird aber mit einer Erhöhung der Sterberate gerechnet. Im Moment liege die Rate bei 0,8 Prozent, sagte Präsident Lothar Wieler vom Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin. "Die Meldungen haben aber einen Zeitverzug. Die Menschen sterben erst nach einem gewissen Krankheitsverlauf", erläuterte er.

Den Grund für die momentan noch moderate Quote sieht Wieler in frühen und vielen Tests. Pro Woche werden rund 350'000 Menschen getestet, deshalb seien in Deutschland auch viele leichte Fälle registriert, die nicht zum Tod führten.

Kind an Covid-19 gestorben

Dass Erkrankungen an Covid-19 auch jüngere Patienten schwer treffen können beweist ein Fall aus Belgien. Dort starb ein zwölfjähriges Mädchen in Folge einer Ansteckung. Vergangene Woche hatte der Tod einer 16-Jährigen bei Paris für Aufsehen gesorgt. Über 90 Prozent der mehr als 700 Corona-Toten in Belgien sind dennoch älter als 65 Jahre.

Angespannt bleibt die Lage auch auf der britischen Insel. Premierminister Boris Johnson gerät wegen erheblicher Mängel bei der Bekämpfung der Pandemie immer stärker unter Druck.

Nach Angaben der Ärztegewerkschaft British Medical Association fehlt es in Kliniken und bei Hausärzten an Ausrüstungen. Krankenschwestern hatten berichtet, dass sie ohne Schutz Patienten versorgen mussten. Wie die Ärzteorganisation Royal College of Physicians mitteilte, ist jeder vierte Mediziner des staatlichen Gesundheitsdienstes NHS inzwischen "krank oder in Isolation".

US-Einreisestopp verlängert

Auch in den USA wird die Situation von Tag zu Tag prekärer. Der zunächst auf einen Monat begrenzte Einreisestopp soll nach Angaben von US-Präsident Donald Trump verlängert werden. Davon sind auch die Europäer betroffen.

Diese und ähnliche Beschränkungen würden in Kraft bleiben und möglicherweise sogar verschärft werden, sagte Trump am Montagabend (Ortszeit) bei einer Medienkonferenz im Rosengarten des Weissen Hauses. Er liess offen, bis wann der Einreisestopp, der eigentlich Mitte April auslaufen sollte, andauern soll.

Die USA sind gemessen an der Zahl der bestätigten Infektionen inzwischen weltweit am schwersten von der Coronavirus-Pandemie betroffen.

Nachgewiesen sind bereits mehr als doppelt so viele Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 als in China, wo die Lungenerkrankung Covid-19 erstmals nachgewiesen wurde: Am Dienstag verzeichnete die Johns-Hopkins-Universität in Baltimore mehr als 164'700 Fälle. In China liegt die Zahl bei mehr als 82'270.

Strenges Regime in Russland

Hochgefahren hat die Massnahmen zur Eindämmung des Virus inzwischen auch Russland. Dort drohen bei Verstössen gegen die Quarantäne bis zu sieben Jahre Haft. Das Unterhaus des russischen Parlaments verabschiedete am Dienstag im Eilverfahren ein entsprechendes Gesetz.

Zudem wurden die Ausgangsbeschränkungen zur Eindämmung der Pandemie ausgeweitet. In mehr als 40 der 85 Regionen Russlands ist das öffentliche Leben damit weitgehend lahmgelegt.

Unbeeindruckt bleibt Nachbar Weissrussland. Während in Europa das Leben zum Stillstand kommt, wettert Staatschef Alexander Lukaschenko gegen die "Corona-Panik".

"Wegen dieser Psychose ist heute die Wirtschaft praktisch der ganzen Welt zum Erliegen gekommen", meinte der 65-Jährige. Noch kann er sein Vorgehen mit vergleichsweise wenigen Coronavirus-Fällen begründen. Das von Menschenrechtlern als Überwachungsstaat kritisierte Land macht nach Darstellung von Lukaschenko mithilfe von Polizei und Geheimdienst jeden ausfindig, der mit einem Infizierten Kontakt hatte.

WHO warnt

In Asien ist die erste Corona-Welle vorüber. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) warnt jedoch davor, in der Region von einer Entspannung auszugehen. Die Epidemie dort sei "noch längst nicht vorbei", sagte der WHO-Vertreter Takeshi Kasai.

Die aktuellen Massnahmen gegen die Virus-Ausbreitung würden den Ländern lediglich Zeit bringen, um sich auf hohe Übertragungsraten vorzubereiten. "Das wird ein langer Kampf, und wir können den Schutz nicht herunterfahren", so Kasai. Das gelte auch für Länder mit sinkenden Zahlen bei Neuinfektionen. Das Virus könne zurückkommen, kein Land sei davor sicher.

(AWP)