Besitzer eines selbst genutzten Einfamilienhauses oder Stockwerkeigentums müssen in der Schweiz den sogenannten Eigenmietwert als Einkommen versteuern. Es handelt sich dabei um eine fiktive Einnahme, welche zum effektiven Einkommen hinzugerechnet wird. Es ist quasi die Miete, welche man generieren könnte, wenn man das Eigentum vermietet anstatt selbst benutzt. Auch für Zweit- und Ferienwohnungen fällt diese Steuer an. Hier die wichtigsten Fragen zum Thema:

Kann die Besteuerung des Eigenmietwertes vermieden werden?

Die Besteuerung fällt immer an, egal ob die Hypothek für die Immobilie abbezahlt wurde oder nicht. Allerdings können offene Hypotheken und Unterhaltsarbeiten im Gegenzug vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden. Bei den Unterhaltskosten können entweder die effektiven Kosten subtrahiert werden, oder ein Pauschalabzug vorgenommen werden. Der Pauschalabzug beträgt in der Regel 10 Prozent des Eigenmietwertes.

Wie wird die Höhe des Eigenmietwertes festgelegt?

Die Steuerverwaltung macht Schätzungen vor Ort oder vergleicht das Wohneigentum mit ähnlichen Objekten. Neben verschiedenen Faktoren wie Wohnfläche, Lage, Baujahr oder der Bauweise spielt auch das örtliche Mietpreisniveau eine Rolle. Schliesslich soll eine möglichst exakte Marktmiete berechnet werden. In der Praxis ist der Eigenmietwert meist tiefer als die berechnete Marktmiete. Oftmals wird zur Marktmiete ein Rabatt von 10 bis maximal 40 Prozent gewährt. Die effektive Höhe des Eigenmietwertes ist kantonal sehr unterschiedlich, da neben der Rabatthöhe auch die Berechnungsmethoden stark voneinander abweichen.

Ein Beispiel: Eine im Kanton Zürich sesshafte Person besitzt ein Haus und  hat ein jährliches Arbeitseinkommen von 80'000 Franken. Die Steuerverwaltung kommt zum Schluss, dass das Haus für 3000 Franken pro Monat vermietet werden könnte. Die Marktmiete pro Jahr ist 36'000 Franken (Berechnung: 12 x 3000 Franken). Im Kanton Zürich beträgt der Eigenmietwert 70 Prozent der Marktmiete und wäre in diesem Beispiel 25'200 Franken (Berechnung: 36'000 Franken x 70%). Das steuerbare Einkommen beträgt deshalb 105'200 Franken (80'000 Franken Arbeitseinkommen + 25'200 Franken Eigenmietwert).

Kann die Höhe des Eigenmietwertes angefochten werden?

Wohneigentumsbesitzer können überprüfen, ob der Eigenmietwert zu hoch angesetzt wurde. Weichen die eigenen Berechnungen stark vom amtlichen Wert ab, kann dieser angefochten werden. Manchmal kann auch eine Senkung durch veränderte Wohnbedürfnisse durchgesetzt werden, etwa wenn die Kinder ausziehen oder durch eine Scheidung verbunden mit dem Auszug des Ehepartners. Allerdings müssten dadurch Räume unbenutzt bleiben.

Was will die aktuelle Petition des Hauseigentümerverbands (HEV)?

Am 10. November hat der HEV die Petition "Eigenmietwert abschaffen" mit 145'000 Unterschriften der Bundesversammlung in Bern überreicht. In der Petition wird das Parlament dazu aufgefordert, die Besteuerung des Eigenmietwerts ganz abzuschaffen. Gleichzeitig soll damit auch Druck auf Bundesbern ausgeübt werden, die im Frühjahr 2013 eingereichte Motion voranzutreiben. Dieser Vorstoss kam von SVP-Nationalrat Hans Egloff - seines Zeichens Präsident des HEV - und will Wohneigentumsbesitzern auf Gesetzesebene eine Wahlmöglichkeit geben: Der Besitzer kann auf den Eigenmietwert verzichten, im Gegenzug darf er aber private Schuldzinsen (wie etwa die Hypothek) nur noch bis zur Höhe der steuerbaren Vermögenserträge abziehen. Der Bundesrat beantragte eine Ablehnung der Motion, der Nationalrat hiess sie jedoch gut. Das Anliegen ist beim Ständerat noch hängig.

Was sind Argumente, welche für das Wahlrecht gemäss der Egloff-Motion sprechen?

Wegen der Eigenmietwert-Besteuerung stünden im heutigen System Eigentümer mit abbezahlter Hypothek oft schlechter da als Mieter in vergleichbaren wirtschaftlichen Verhältnissen. Neben der Steuer auf den Eigenmietwert müsse die Immobilie auch als Vermögen versteuert werden, so dass eine Doppelbesteuerung vorläge, argumentiert der HEV. Eine weitere Ungleichbehandlung zuungunsten der Wohneigentümern bestehe in der stetigen Erhöhung des Eigenmietwertes, während die Mietzinsen in laufenden Mietverhältnissen tendenziell gesenkt würden. 

Durch die Abschaffung würden darüber hinaus mehr Anreize bestehen, Hypotheken abzubauen. Dies wiederum würde die Schweizweite Verschuldung reduzieren und gleichzeitig die Finanzmarktstabilität erhöhen. Ausserdem vereinfache dies das Steuersystem, da die Erhebungskosten der Steuerverwaltungen und der Aufwand der Wohneigentümer wegfielen.

Was spricht gegen die Egloff-Motion?

Je nach Einkommens- und Vermögenssituation könnten Wohneigentümer die jeweils bessere Variante wählen. Das sei eine offizielle Einladung zur Steueroptimierung, von der vor allem Grossverdiener profitieren würden, argumentiert der Mieterverband in einer Stellungnahme. Die Folge wären Steuerausfälle bei Bund, Kanton und Gemeinden in Milliardenhöhe.

Der Bundesrat bezeichnet in einer Stellungnahme die Motion als "inkonsequent". Gewisse Abzüge für Unterhaltskosten und Schuldzinsen seien weiterhin möglich, beim Wegfall des steuerbaren Eigenmietwertes müsste die Abzugsberechtigung jedoch systembedingt entfallen. Der Bundesrat sieht darüber hinaus das einmalige Wahlrecht nicht als eine Vereinfachung, sondern viel mehr als eine Verkomplizierung des Steuerrechts. Es müssten nebeneinander zwei Systeme für selbstgenutztes Wohneigentum geschaffen werden, was zu einem Mehraufwand führe.

Sind Mieterverband und Bundesrat generell für die Beibehaltung der Eigenmietwert-Besteuerung?

Nein. Der Mieterverband zeigt sich offen für eine Abschaffung des Eigenmietwertes, sofern die Mieter gegenüber den Wohneigentümern nicht weiter benachteiligt und keine neuen Steuerschlupflöcher geöffnet würden. Und auch der Bundesrat schliesst ein Systemwechsel nicht aus, sofern dieser ausgewogen, in sich konsistent und finanziell verkraftbar sei. Wortwörtlich schreibt der Bundesrat in einer Stellungnahme zur Egloff-Motion: "Nur ein genereller Systemwechsel ohne einmaliges Wahlrecht vermag die heutigen Fehlanreize bei der Hypothekarverschuldung der Privathaushalte wirksam anzugehen."

Gab es in der Vergangenheit bereits Versuche, den Eigenmietwert abzuschaffen?

Seit 1999 war die Eigenmietwert-Besteuerung in drei nationalen Volksabstimmungen ein Thema, welche allesamt scheiterten. Zuletzt kam im September 2012 die Initiative "Sicheres Wohnen im Alter" vor das Volk, welche mit 52,6 Prozent der Stimmen abgelehnt wurde. Die Initiative sah für Rentner ein einmaliges Wahlrecht vor, auf die Eigenmietwertbesteuerung verzichten zu können.

Zuvor wurde im Mai 2004 über eine generelle Abschaffung der Eigenmietwert-Besteuerung abgestimmt. Allerdings handelte es sich um ein Paket, welches auch Änderungen bei der Familienbesteuerung und bei den Stempelabgaben vorsah. Nur 34,1 Prozent der Bevölkerung nahmen die Initiative an.

Im Februar 1999 wurde die Volksinitiative "Wohneigentum für alle" mit 58,7 Prozent Nein-Stimmen verworfen. Dieses Anliegen sah allerdings keine Abschaffung vor, sondern nur eine Ermässigung des Eigenmietwertes.