Damit habe eine akute Gefährdung der öffentlichen Sicherheit abgewendet werden können, teilte die Zürcher Sicherheitsdirektion am Samstagabend mit. Die Sicherheitsdirektion ging davon aus, dass sowohl regierungsnahe wie auch regierungskritische Gruppierungen von im Ausland lebenden türkischen Staatsbürgern den Auftritt Cavusoglus zum Anlass für Demonstrationen genommen hätten.

Es sei deshalb mit Zusammenstössen zwischen den beiden Gruppierungen zu rechnen gewesen, erklärte die Sicherheitsdirektion. Dies hätte für alle Beteiligten und Dritte erhebliche Risiken bedeutet.

AUF UNBESTIMMTE ZEIT VERSCHOBEN

Am Samstagabend war bekanntgeworden, dass der türkische Aussenminister einen für Sonntag in Zürich geplanten Auftritt auf unbestimmte Zeit verschoben hatte. Die Union Europäisch-Türkischer Demokraten, die Cavasoglus Auftritt organisiert hatte, bestätigte entsprechende Angaben der "SonntagsZeitung".

Cavusoglu trat stattdessen am Sonntag bei einer genehmigten Veranstaltung im französischen Metz auf. Ein Auftritt in den Niederlanden vom Samstag war von der Regierung in Den Haag verhindert worden.

Die türkische Regierungspartei AKP ist in mehreren europäischen Ländern auf Werbetour: Sie wirbt bei Auslandtürkinnen und -türken für eine Verfassungsänderung, die Präsident Recep Tayyip Erdogan deutlich mehr Befugnisse einräumen würde.

Ursprünglich wollte Cavusoglu am Sonntag im Hilton Hotel in Opfikon vor Anhängern sprechen. Das Hotel zog seine Zusage aber wegen Sicherheitsbedenken zurück. Für eine komplette Absage der Veranstaltung mit dem türkischen Aussenminister hatte sich die Zürcher Regierung stark gemacht, weil sie grösste Sicherheitsbedenken hatte.

BURKHALTER WILL GRUNDRECHTE NICHT BESCHRÄNKEN

Anders stufte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) den Besuch Cavusoglus ein. Es gebe keine besonders erhöhte Bedrohung der inneren Sicherheit. Es lägen deshalb auch keine Gründe für ein Verbot vor.

Dies machte auch Bundesrat Didier Burkhalter in einem Interview mit dem Westschweizer Radio RTS klar. Die Grundrechte und die freie Meinungsäusserung dürften nicht eingeschränkt werden.

Mit dieser Haltung zeige die Schweiz den anderen Staaten klar, dass es wichtig sei, diese Rechte zu garantieren. Natürlich könne die Schweiz Massnahmen ergreifen, falls die Sicherheit nicht garantiert werden könnte.

Burkhalter wies darauf hin, dass Kurdenführer sich letztes Jahr hätten frei in der Schweiz äussern können. Die türkischen Führer müssten dies deshalb auch tun dürfen im Hinblick auf das Referendum vom 16. April.

Die Schweiz habe nach dem gescheiterten Putschversuch vom Juli in der Türkei eine klare Haltung eingenommen. Sie habe ihn verurteilt und einen "direkten, ehrlichen und auf Augenhöhe liegenden Dialog" mit Ankara aufgenommen.

SPIONAGE NICHT GEDULDET

Die Schweiz habe der Türkei auch klar gemacht, das es inakzeptabel sei, auf Schweizer Boden polizeiliche oder nachrichtendienstliche Aktivitäten zu unternehmen: Die türkischen Behörden müssten den Rechtshilfeweg nehmen, was sie in mehreren Fällen auch getan hätten.

Gemäss Burkhalter sind seit dem Putschversuch vom Juli in der Schweiz 408 Asylgesuche von türkischen Staatsangehörigen eingegangenen. Darunter dürften sich auch einige Menschen mit diplomatischen Pass befinden.

Um den Besuch Cavusoglus zu verbieten, müsste sich der Bundesrat auf Notrecht berufen, erklärte die EDA-Chefdiplomatin Pascale Baeriswyl in der "Samstagsrundschau" von Radio SRF. Damit werde aber ein Präjudiz geschaffen und der Bundesrat würde bei jedem Schweiz-Auftritt eines Ministers künftig prüfen müssen, ob er diesen erlauben oder verbieten wolle.

AKP-POLITIKER WICH AUS

Auch der Istanbuler AKP-Politiker Hursit Yildirim ist am Freitagabend nach Opfikon ZH ausgewichen, nachdem die Aargauer Polizei einen Auftritt in Spreitenbach untersagt hatte.

Ursprünglich wollte Yildirim in Zürich-Affoltern bei einer als Familienfest angemeldeten Veranstaltung reden. Die Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich zog die Bewilligung aber zurück.

BEIM REISEN BEHINDERT

Das EDA bestätigte am Wochenende eine Meldung der "NZZ am Sonntag", wonach zwei schweizerisch-türkische Doppelbürger in Istanbul am Flughafen von türkischen Grenzbeamten aufgehalten wurden. Ein Doppelbürger sei an der Einreise, ein anderer an der Ausreise gehindert worden, schrieb das EDA auf Anfrage.

"Nach Abklärungen durch die lokalen Behörden konnten sie das Land verlassen." In beiden Fällen sei keine Intervention des Schweizer Konsulats in Istanbul nötig geworden.

cf/

(AWP)