Seit Jahresbeginn hat die US-Währung 3,5 Prozent aufgewertet. Im Gegenzug geraten viele andere Währungen unter Druck. Im Folgenden einige Hintergründe:
WARUM IST DER EURO SO SCHWACH?
Mit 1,0775 Dollar kostete die Gemeinschaftswährung so wenig wie seit April 2017 nicht mehr. "Europa gibt in der Aussenwahrnehmung derzeit kein gutes Bild ab", sagt Folker Hellmeyer, Chefanalyst beim Vermögensverwalter Solvecon-Invest. In den derzeit laufenden EU-Haushaltsverhandlungen ist bislang keine Einigung in Sicht. Eine einstimmige Entscheidung aller 27 Mitgliedstaaten ist nötig.
WAS STEHT HINTER DEM KURSRUTSCH BEIM YEN?
Für Aufsehen sorgt der Kursrutsch des Yen. Ein Dollar kostet mehr als 112 Yen, das ist so viel wie seit April 2019 nicht mehr. Seit Wochenanfang wertete der Dollar 1,9 Prozent auf. Die japanische Währung galt lange Zeit als sicherer Hafen und gehörte zu den festesten Währungen der Welt. "Nach den jüngsten Zahlen zur Wirtschaftsleistung sind die Yen-Investoren in einer Schockstarre", erläutert Hellmeyer.
Auch der Ausbruch des Coronavirus in China dürfte die japanische Wirtschaft treffen, die eng mit China verbunden ist. Sollte die Wirtschaftsleistung in diesem Quartal schrumpfen, wäre Japan in eine Rezession abgeglitten. Einige Börsianer ziehen nun den Status des Yen als sicherer Hafen in Zweifel.
DIE RÜCKKEHR DER CARRY TRADES
Hinzu kommen die Zinsunterschiede zu den USA: Während der Leitzins der Fed immer noch in einer Spanne von 1,5 bis 1,75 Prozent liegt, ist er in Europa und Japan bei null. "Wir sehen eine Rückkehr der Carry Trades", sagt Thu Lan Nguyen, Devisenanalystin bei der Commerzbank. Derartige Geschäfte waren in den 2000er Jahren bis zur Finanzkrise Ende des Jahrzehnts beliebt, sanken dann aber in der Gunst der Anleger.
Investoren nehmen bei Carry Trades Kredite in Niedrigzinswährungen auf - wie aktuell Euro und Yen - und legen das Geld in Hochzinswährungen an wie derzeit Dollar. Begünstigt werde das dadurch, dass am Markt die Wechselkursrisiken gering eingeschätzt würden, sagt Nguyen. Die sogenannten impliziten Volatilitäten - eine Messgrösse für die erwarteten Schwankungen am Devisenmarkt - seien seit Anfang des Monats gefallen und lägen in der Nähe ihrer historischen Tiefstände. Für die kommenden drei Monate erwarteten die Börsianer kaum Schwankungen. "Das Umfeld mit den niedrigen Volatilitäten macht Carry Trades attraktiv", sagt die Expertin. Denn damit sinke das Risiko, dass die Zinsgewinne durch Kursverluste des Dollar zunichtegemacht würden.
HÄLT DIESE ENTWICKLUNG AN?
"Längerfristige Bewertungen sprechen seit geraumer Zeit gegen die US-Währung", urteilen die Experten der Helaba. Der US-Dollar sei bereits sehr stark. Sofern das Coronavirus an Schrecken verliere und die europäische Wirtschaft anziehe, dürfte auch der Euro wieder an Stärke gewinnen und in Richtung 1,20 Dollar klettern. Zudem beklage US-Präsident Donald Trump ständig den starken Dollar und rufe die heimische Notenbank zu Zinssenkungen auf. Zudem könne die Unsicherheit vor der US-Präsidentenwahl im November die US-Währung belasten.
(Reuters)