Der deutsch-britische Tourismus-Riese erklärte am Mittwoch, er habe sich mit privaten Investoren, Banken und dem Bund auf ein Finanzierungspaket über 1,8 Milliarden Euro geeinigt. Das Paket setzt sich zusammen aus stillen Einlagen des Bundes (WSF), einer weiteren Kreditlinie der Staatsbank KfW, Garantien und einer Kapitalerhöhung, die die bestehenden Aktionäre zeichnen können. "Mit den Massnahmen sichert der Konzern die Liquidität für eine weiter anhaltende Pandemie in 2021", sagte TUI-Chef Fritz Joussen. Die Hilfen schafften Sicherheit, den Konzern strategisch und strukturell auf die Zeit nach der Coronakrise vorzubereiten. An der Börse kam das Finanzpaket allerdings nicht gut an. Die TUI-Aktie verlor mehr als sechs Prozent.

Die Pandemie mit ihren Einschränkungen und Reisewarnungen trifft TUI hart. Der Staat stützt den Konzern aus Hannover bereits mit drei Milliarden Euro. Allerdings hat sich der Reise- und Flugverkehr nach dem ersten Lockdown im Frühjahr bei weitem nicht so stark erholt wie von der Branche erhofft. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres 2019/20 (per Ende September) summierte sich der Konzernverlust trotz Kostensenkungen auf 2,3 Milliarden Euro. Am 10. Dezember will TUI seine Zahlen für das gesamte Geschäftsjahr vorlegen.

Eine Sprecherin von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier sagte, der in der Krise aufgelegte Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) des Bundes werde TUI mit voraussichtlich 1,1 Milliarden Euro stützen. Die Länder könnten davon bis zu 400 Millionen Euro übernehmen. 700 Millionen Euro werden durch Stille Einlagen des WSF abgedeckt. Das Ministerium betonte, der Fonds könne eine Stille Beteiligung über 420 Millionen Euro jederzeit in Aktien umwandeln und käme damit "bei Bedarf" auf eine Sperrminorität von bis zu 25 Prozent plus eine Aktie. 200 Millionen soll die KfW über ein weiteres Darlehen bereitstellen. Die bestehende Kreditlinie soll bis Juli 2022 verlängert werden. Die staatlichen Hilfen sind - wie bei den meisten Corona-Hilfsaktionen des WSF - daran gekoppelt, dass TUI den Vorstandsmitgliedern keine Boni zahlen und keine Dividende an die Aktionäre ausschütten darf.

Russischer Grossaktionär Alexej Mordaschow macht mit

"Mit den heute beschlossenen Maßnahmen unterstützen wir den größten Reiseanbieter in Deutschland dabei, diese schwierige Zeit zu überbrücken", erklärte das Ministerium. TUI sei vor der Krise profitabel gewesen und habe als Reiseveranstalter durch die Corona-Krise mit nie dagewesenen Schwierigkeiten zu kämpfen.

Um die Kapitalerhöhung technisch zu bewerkstelligen, soll das Grundkapital der TUI von 2,56 Euro auf einen Euro je Aktie herabgesetzt werden. Die Bezugsrechtsemission soll 500 Millionen Euro in die TUI-Kasse spülen. Sie muss erst noch auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Januar beschlossen werden.

Auch der russische Großaktionär Alexej Mordaschow, der knapp 25 Prozent hält, ist dabei an Bord. Er ist laut TUI bereit, seinen Anteil auf 29,9 Prozent auszuweiten. Sollte die Finanzaufsicht BaFin ihn von einem Pflichtangebot zur Übernahme des gesamten Konzerns befreien - was Investoren ab einer Schwelle von 30 Prozent machen müssten - dann würde Mordaschow seinen Anteil auch auf 36 Prozent hochschrauben. Ein Bankenkonsortium sichert zudem ab, dass die Kapitalerhöhung auf jeden Fall 500 Millionen Euro bringt.

Mordaschow ist seit gut zehn Jahren bei TUI engagiert und hat nach eigenen Aussagen keinen Zweifel daran, "dass das Geschäftsmodell des TUI-Konzerns intakt und die mittel- und langfristigen Perspektiven äußerst positiv sind". Das Engagement des Russen sei eine wichtige Voraussetzung für die Hilfe des Bundes, sagte ein Insider. Der Bund sei bereits in Verhandlungen mit der EU wegen der Beihilfe.

Der grüne Haushalts-Experte Sven-Christian Kindler forderte den Bund auf, bei TUI ein Mitspracherecht für Klimaschutz und Sozialstandards geltend zu machen. "Die Bundesregierung darf nicht dieselben Fehler wiederholen wie bei der Lufthansa." Man dürfe sich kein zweites Mal von einem Großunternehmen über den Tisch ziehen lassen. Die Lufthansa wird mit insgesamt neun Milliarden Euro Steuergeld aus Deutschland, Österreich, Belgien und der Schweiz gestützt. Der WSF ist mit gut 20 Prozent größter Lufthansa-Aktionär. 

(Reuters)