Wie der russische Staatskonzern Gazprom am späten Freitag mitteilte, sei bei Wartungsarbeiten ein Öl-Leck entdeckt worden. Die Gasdurchleitung sei deswegen vollständig gestoppt worden. Eine Gasturbine könne wegen des Schadens nicht sicher betrieben werden. Angaben über die Dauer des Stopps machte Gazprom nicht.
Der Betrieb der Pumpen in der Verdichterstation Portowaja sei unterbrochen worden. Es werde kein Gas mehr zur Pipeline Nord Stream 1 transportiert. Angaben über die Dauer des Stopps machte Gazprom nicht.
Siemens Energy teilt zu den von Gazprom gemeldeten Defekten mit: "Als Hersteller der Turbinen können wir lediglich feststellen, dass ein derartiger Befund keinen technischen Grund für eine Einstellung des Betriebs darstellt." Leckagen beinträchtigten im Normalfall den Betrieb einer Turbine nicht. Siemens Energy sei aktuell nicht mit Wartungsarbeiten beauftragt. "Unabhängig davon, haben wir bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass in der Verdichterstation Portowaja genügend weitere Turbinen für einen Betrieb von Nord Stream 1 zur Verfügung stehen", teilt das Unternehmen mit.
Die Europäische Kommission hat dem russischen Staatskonzern Gazprom vorgeworfen, den Gasfluss über die Ostseepipeline Nord Stream 1 wegen falscher Vorwände aufzuhalten. "Die Ankündigung von Gazprom von heute Nachmittag, Nord Stream 1 erneut unter falschen Vorwänden stillzulegen, ist ein weiterer Beleg seiner Unzuverlässigkeit als Lieferant", schrieb ein Sprecher der EU-Kommission am Freitagabend auf Twitter. Es sei auch ein Beweis für den Zynismus Russlands, das es vorziehe, Gas zu verbrennen, statt Verträge zu erfüllen.
Gazprom’s announcement this afternoon that it is once again shutting down NorthStream1 under fallacious pretenses is another confirmation of its unreliability as a supplier.
— Eric Mamer (@MamerEric) September 2, 2022
It’s also proof of Russia’s cynicism, as it prefers to flare gas instead of honoring contracts.
Deutliche Worte kamen auch aus Berlin. Eine Sprecherin des deutschen Bundeswirtschaftsministeriums erklärte am Freitagabend, die Meldungen von Gazprom habe man zur Kenntnis genommen. "Wir kommentieren diese in der Sache nicht, aber die Unzuverlässigkeit Russlands haben wir in den vergangenen Wochen bereits gesehen und entsprechend haben wir unsere Massnahmen zur Stärkung der Unabhängigkeit von russischen Energieimporten unbeirrt und konsequent fortgesetzt. Dadurch sind wir jetzt wesentlich besser gerüstet als noch vor einigen Monaten."
Die Lage auf dem Gasmarkt sei angespannt, die Versorgungssicherheit aber gewährleistet, sagte die Sprecherin. Die Gasspeicher seien ausserdem zu 84,3 Prozent gefüllt. "Das Oktober-Speicherziel von 85 Prozent dürfte daher schon in den ersten Septembertagen erreicht sein." Auch bei der Versorgung über andere Lieferwege als russische Pipelines und neue Anlandekapazitäten für Flüssiggas komme man gut voran.
Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, betonte die Bedeutung der deutschen Vorsorgemassnahmen. "Angesichts der russischen Entscheidung, vorerst kein Gas über Nord Stream 1 fliessen zu lassen, gewinnen die LNG Terminals, die relevanten Speicherstände und signifikante Einsparnotwendigkeiten an Bedeutung", twitterte Müller am Freitagabend. "Gut, dass Deutschland inzwischen besser vorbereitet ist, jetzt kommt es aber auf jede/n an", schrieb Müller weiter.
Norwegen wichtigster Gaslieferant Deutschlands
Das weitaus meiste Erdgas erhält Deutschland inzwischen aus Norwegen, den Niederlanden und Belgien. Am Donnerstag flossen nach Angaben der Bundesnetzagentur rund 2900 Gigawattstunden Erdgas aus diesen Ländern nach Deutschland. Zum Vergleich: Am Montag, dem letzten Tag vor der angekündigten Lieferreduktion, transportierte Nord Stream 1 rund 348 Gigawattstunden russisches Erdgas. Die eingespeicherte Menge betrug zuletzt immer ein Mehrfaches dieser Liefermenge aus Russland. Am Donnerstag wurden 965 Gigawattstunden Erdgas in Deutschland eingespeichert.
Zuvor hatten zwei Insider Reuters gesagt, Gazprom wolle den Gastransport über Nord Stream 1 am Samstagmorgen wieder aufnehmen. Russland hatte die Gaslieferungen über die Ostsee-Pipeline im Juni auf 40 Prozent und im Juli auf 20 Prozent der Kapazität verringert und dies mit Wartungsproblemen und Sanktionen begründet, etwa bei der Rückgabe einer im Westen überprüften Turbine.
Anschließend hatte Gazprom eine dreitägige Unterbrechung der Lieferung wegen Wartungsarbeiten angekündigt, die am Samstag enden sollte. Westliche Staaten wie Deutschland und Frankreich werfen der Führung in Moskau vor, die Gasversorgung als Kriegswaffe einzusetzen.
(Reuters/Cash)
Energie - G7-Nationen einigen sich auf Preisdeckel für russisches Öl https://t.co/0cfHUGnVKj pic.twitter.com/urpQWWiqyL
— cash (@cashch) September 2, 2022