Patrouillierende Soldaten, Helikopter in der Luft, Kampfjets in Alarmbereitschaft und weiträumige Absperrungen: Das Gipfeltreffen von US-Präsident Joe Biden und Russlands Staatschef Wladimir Putin in Genf wurde von massiven Sicherheitsvorkehrungen begleitet. Tausende Polizisten und Soldaten waren mobilisiert.

Und auch für die Bewohner der Stadt galten zahlreiche Einschränkungen. Die Quartiere um den Tagungsort, den Parc de la Grange, rund um die Hotels, in denen die Entourage der Präsidenten logierte, die Uferpromenade und die sonst chronisch verstopfte Mont-Blanc-Brücke waren für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich.

Doch die Genferinnen und Genfer nahmen es - nach den vielen Monaten Pandemie - zumeist gelassen. Viele von ihnen hielten sich an die behördlichen Anweisungen, während dieser Zeit auf das Auto zu verzichten und von zu Hause aus zu arbeiten. Und den rund 100 Geschäften, die wegen des Gipfels schliessen mussten, versprach die Genfer Regierung eine Entschädigung.

Erfolg für die Schweiz

Für die diplomatische Schweiz war es ein Coup, dass die Delegationen aus den USA und Russland Genf als Treffpunkt für ihren Gipfel ausgewählt hatten. Der Gipfel sei gut gewesen für die Schweizer Glaubwürdigkeit, für die Diplomatie, die Sichtbarkeit und den Stolz, bilanzierte Aussenminister Ignazio Cassis am Mittwochabend vor den Medien.

Bundespräsident Guy Parmelin seinerseits konnte sich als Gastgeber ins Szene setzen: Er empfing die beiden Präsidenten vor dem Gipfel vor den Kameras der weltweiten TV-Stationen in der "Stadt des Friedens" und wünschte ihnen einen fruchtbaren Dialog "im Interesse der beiden Länder und der gesamten Welt".

Dieses Bild des Bundespräsidenten, flankiert von Biden und Putin, bewegte auch die frühere Aussenministerin und Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey: "Man konnte physisch sehen, wie die Rolle der Schweiz aussehen kann", sagte Calmy-Rey im Studio des Westschweizer Fernsehens RTS.

Die beiden Bundesräte nutzten dabei auch die Gelegenheit für bilaterale Treffen mit Biden am Dienstag- und Putin am Mittwochabend. Dabei kamen verschiedene bilaterale Themen zur Sprache, die für die beiden Seiten von Interesse sind.

Während die Schweiz ihre Wirtschaftsbeziehungen ausbauen möchte, ging es den Grossmächten vor allem um die Schutzmandate der Schweiz, zum Beispiel in Iran für die USA oder in Georgien für Russland. Als Gastgeschenk gab es dann für beide Präsidenten eine schweizerische High-Tech-Uhr.

Gratiswerbung für Genf

Für die Calvinstadt war der Gipfel ein exzellente Gelegenheit, sich bei strahlendem Wetter von ihrer besten Seite zu präsentieren. Dank TV-Bildern und Fotos in sozialen Medien der gegen dreitausend Medienschaffenden aus aller Welt erhielt Genf vor und während des Gipfels viel Gratiswerbung.

Aus sicherheitspolitischer Sicht verlief der Gipfel ohne nennenswerte Zwischenfälle, wie ein Sprecher der Genfer Polizei auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Niemand sei verhaftet worden und es sei auch sonst alles reibungslos verlaufen.

Auch in der Luft kam es zu keinen Störungen. Seit der Ankunft von US-Präsident Joe Biden am Dienstag sei der Luftraum über der Rhonestadt nicht verletzt worden, sagte eine Armeesprecherin.

Friedliche Gegner

Trotz der Sicherheitsvorkehrungen waren einige Kundgebungen bewilligt worden. So durften sich Vertreter aus zahlreichen Ländern auf der Plaine de Plainpalais - einem grossen Platz in der Innenstadt - versammeln, um gegen die Politik der Weltmächte zu demonstrieren.

Äthiopier gegen deren "einseitige Politik", Syrerinnen gegen Machthaber Baschar al-Assad, Armenier gegen die ausländische Einmischung und eine pro-ukranische Delegation gegen die russische Präsenz.

Die Kampagnenorganisation Campax schaffte es nach eigenen Angaben, auf dem Genfersee ein grosses Banner mit der Aufschrift "Peace and security through disarmament" (Frieden und Sicherheit durch Abrüstung) zu platzieren. Ein Anliegen, dem der Gipfel durchaus gerecht werden könnte: Denn die beiden Staatschefs einigten als einen der wenigen Punkte auf weitere Gespräche zur Rüstungskontrolle.

mk/

(AWP)