Die EU-Kommission hatte im Mai 2018 einen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 vorgelegt. Er umfasst knapp 1,14 Billionen Euro, was 1,11 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung entspricht. Deutschland und Länder wie Österreich, Dänemark, Schweden und die Niederlande wollen nicht mehr als 1,0 Prozent ausgeben, während das EU-Parlament 1,3 Prozent fordert. Die Debatte ist besonders kompliziert, weil einerseits neue EU-Aufgaben finanziert werden sollen, andererseits aber nach dem Brexit Milliarden fehlen werden.

Oettinger übte scharfe Kritik an der deutschen Position. Berlin wolle die Ausgaben begrenzen, aber mehr tun für Forschung, für Digitalisierung, für Grenzschutz und für Afrika und gleichzeitig Kürzungen bei den Agrarhilfen vermeiden. "Diese Rechnung der Regierung in Berlin geht noch nicht auf", kommentierte Oettinger.

Juncker hieb im EU-Parlament in dieselbe Kerbe: "Wer denkt, dass europäische Aufgaben der Zukunft innerhalb eines Finanzrahmens von 1,0 Prozent des kollektiven Reichtums der Europäischen Union erledigt werden können, der irrt sich fundamental." Das werde er den Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel nächste Woche "noch einmal eindringlich in den Hörkanal einfliessen lassen".

Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wies die Kritik zurück. "Deutschland ist bereit, mehr zu zahlen, das weiss jeder, das haben wir sehr früh gesagt", sagte er am Rande des Euro-Finanzministertreffens in Luxemburg. "Da geht es um viele Milliarden zusätzlich, die jedes Jahr aufzubringen sind." Es sei wichtig, schnell zu einer Lösung zu kommen.

Ohne Grossbritannien fehlen dem Finanzrahmen nach Oettingers Worten über sieben Jahre hinweg 84 Milliarden Euro. Der Fehlbetrag soll zum Teil durch Beiträge anderer EU-Staaten aufgefüllt werden, unter anderem aus Deutschland. Oettinger sagte, die CDU, CSU und SPD hätten in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten, dass Europa eine stabile Finanzierung benötige und Deutschland bereit sei, mehr einzuzahlen./vsr/DP/he

(AWP)