Italien ist die drittgrösste Volkswirtschaft des gemeinsamen Währungsgebiets und weist mit etwa 2,3 Billionen Euro einen gewaltigen Schuldenberg auf. Die Schuldenquote - das ist das Verhältnis des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zur Gesamtverschuldung - liegt bei etwa 132 Prozent und ist damit die höchste in Europa nach Griechenland. Athen hatte erst im August nach acht Jahren den Euro-Rettungsschirm ESM wieder verlassen. Bis dahin war das Land mit Milliardenkrediten im Gegenzug für strikte Spar- und Reformmassnahmen vor der Pleite bewahrt worden.

Erlaubt ist nach den sogenannten Maastricht-Kriterien in Europa lediglich eine Gesamtverschuldung von 60 Prozent der Wirtschaftsleistung. Italien ist daher verpflichtet, langfristig seine Schulden zu reduzieren.

Die Regierungskoalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega hatte in der vergangenen Woche dennoch eine deutlich höhere Neuverschuldung angekündigt. 2019, 2020 und 2021 soll das Defizit demnach bei 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) liegen. Die Vorgängerregierung hatte 0,8 Prozent für 2019 angepeilt.

Es gebe verbindliche Regeln, sagte Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire. Finnlands Ressortchef Petteri Orpo sagte, er sei wegen Italien "ein bisschen besorgt". Die Entwicklung in Rom müsse genau im Auge behalten werden.

Italien sei mit seinen Ankündigungen erheblich von den bisherigen Zusagen abgewichen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici. Wenn alle Details auf dem Tisch lägen, könne die Kommission ihre vollständige Bewertung abgeben.

"Die italienische Regierung muss den Italienern die Wahrheit sagen", sagte Moscovici weiter. "Mehr öffentliche Ausgaben können eine Zeit lang mehr Popularität bringen. Aber dann kommt die Frage: Wer zahlt dafür?"

Italiens Finanzminister Giovanni Tria erläuterte im Kreis der Euro-Kollegen die jüngsten Pläne. "Der Tag, diese umfassend zu beurteilen, ist noch nicht heute", meinte Eurogruppen-Chef Centeno. Nach Angaben aus Diplomatenkreisen argumentierte Tria, dass die Gesamtverschuldung dank höheren Wirtschaftswachstums, das durch die höheren Ausgaben angestossen werden solle, in den kommenden Jahren sinken werde.

Den vollständigen Haushaltsentwurf muss Rom bis 15. Oktober an die EU-Kommission übermitteln. Diese muss ihn dann im Detail prüfen./asa/DP/he

(AWP)