Die Kolumne «Gopfried Stutz» erschien zuerst im 

 

Vielleicht erleben wir beim leidigen Thema der Erdbebenversicherung doch noch einen Durchbruch. Hier im Staccato die wichtigsten Fakten:

- Erdbebenschäden am Gebäude sind in der obligatorischen Gebäudeversicherung nicht gedeckt.
- Hauseigentümer können ihr Heim privat gegen Erdbeben versichern. Die wenigsten tun es.
- 2012 erteilte das Bundesparlament dem Bundesrat den Auftrag, eine schweizweit gültige, solidarische, obligatorische Erdbebenversicherung einzuführen.
- Das Vorhaben scheiterte am Widerstand der Kantone mit geringem Erdbebenrisiko. Auch Hauseigentümer sind dagegen. Sie sagen: Bei grossen Erdbeben müsse eh der Staat einspringen, wie jetzt in der Pandemie. Nur dass dann alle Steuerzahler, auch die Mieter, blechen müssten.
- Das Einzige, was Bundesbern in dieser Sache zustande brachte, ist die Gründung einer Schadenorganisation, die bei der Bewältigung von Erdbeben zum Einsatz kommen soll.

Für Mittwoch ist im Nationalrat das Thema erneut traktandiert, basierend auf einem ganz neuen Vorschlag: Das Stichwort dazu heisst Eventualverpflichtung. Statt alle Jahre Prämienfranken zu scheffeln, die allenfalls in 100 Jahren zur Deckung der Schäden ausbezahlt würden, müssten Hauseigentümer der ganzen Schweiz nur dann zahlen, wenn das Ereignis eintritt.

Eine solche Eventualverpflichtung ist so etwas wie das Gegenstück einer Versicherung: Man zahlt erst, wenn es brennt.

Für die Umweltkommission des Ständerats, die die Motion im vergangenen November einreichte, liegt der grosse Vorteil dieses Ansatzes gegenüber der klassischen Versicherungslösung darin, dass lediglich die Generation Hauseigentümer zum Zeitpunkt des Bebens in den Mechanismus zur Umverteilung einbezogen wird.

Denn die Schaffung einer flächendeckenden Erdbebenversicherung ist auch wegen der Generationenungerechtigkeit gescheitert. Sie besteht darin, dass viele Jahre – vielleicht Hunderte von Jahren – Hauseigentümer durch Prämien belastet werden, die entsprechenden Leistungen dann jedoch nur einer einzigen Generation von Hauseigentümern in ferner Zukunft zugutekommen.

Der Kommission schwebt vor, dass Hausbesitzer bei einem grösseren Beben einen bestimmten Prozentsatz des Versicherungswerts ihres Gebäudes als Einmalprämie in eine noch zu definierende Zahlstelle einbringen. Diese Eventualverpflichtung müsste im Grundbuch dinglich abgesichert sein. Mit zum Beispiel 0,7 Prozent auf der Gebäudeversicherungssumme kämen damit 20 Milliarden Franken zusammen. Ein Eigentümer mit einem Gebäude von 500'000 Franken Versicherungswert müsste also eine Zahlung von 3500 Franken leisten.

Der Ständerat hat die Motion in der Frühjahrssession angenommen. Mal sehen, was der Nationalrat am Mittwoch dazu meint.