Die neue Notenbank-Chefin will ein neues Kapitel in den Beziehungen zu Deutschland aufschlagen, nachdem sich das Verhältnis unter ihrem Vorgänger Mario Draghi in den letzten Jahren etwas abgekühlt hatte. Mit seiner Stimulus-Politik, insbesondere den Negativzinsen, die die Erträge auf Sparguthaben ausradierten, hat sich der Italiener den Unmut von vielen Deutschen zugezogen.

Die Französin Lagarde hat bereits angekündigt, sie wolle Deutsch lernen, die im Euroraum am häufigsten gesprochene Muttersprache. Aber auch ein Blick auf die Twitter-Nachrichten der Französin zeigen ihren Diplomatie-Vorstoss in Deutschland. Es finden sich darunter mehr Treffen mit Repräsentanten aus dem Land als aus irgendwelchen anderen Staaten. Wenn sie so weiter macht, könnten andere Mitglieder des Euroraums eifersüchtig werden.

Weshalb EZB-Chefin Christine Lagarde versucht, deutsch zu lernen

Im Folgenden eine Auswahl der Aktivitäten, mit denen Lagard seit ihrer Amtsübernahme am 1. November 2019 versucht hat, die Sympathie der Deutschen zu gewinnen.

Eine Würdigung

Lagardes erster Einsatz war an ihrem ersten Arbeitstag im neuen Job. Sie flog nach Berlin, um die Laudatio auf Wolfgang Schäuble zu halten, den früheren Finanzminister und gegenwärtigen Bundestagspräsidenten. In ihren Ausführungen lobte sie sowohl ihn als auch sein Land.

"In meinen Augen verkörperst du wie kaum ein anderer das Modell 'Deutschland in Europa': Ein Deutschland, das energisch seine Werte verteidigt, und ein Leuchtfeuer des Liberalismus und der Demokratie ist, aber auch ein Deutschland, das bereit ist, sich für den europäischen Gedanken zu bewegen."

Einen Monat später besuchte Lagarde den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann im "Römer", wie das Rathaus der Mainmetropole genannt wird. Das Foto zeigt das Treffen im Kaisersaal, der die einzige vollständig erhaltene Galerie aller Kaiser und Könige des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation beherbergt. Die Gemälde wurden im 19. Jahrhundert geschaffen.

Bundesbank-Bande

Im Dezember besuchte Lagarde zusammen mit ihrem neuen Kollegen, Bundesbank-Präsident Jens Weidmann, das Frankfurter Städel Museum, um die Vincent-Van-Gogh-Ausstellung anzuschauen.

Die Veranstaltung war möglicherweise für den Bundesbanker eine besondere Gelegenheit, den Kontakt zur Französin zu vertiefen. Er hat eine Zeitlang an einer Universität in Südfrankreich, wo Van Gogh einige seiner wichtigsten Bilder malte, studiert.

Lagarde feierte am 1. Januar ihren 64. Geburtstag. Zwei Wochen später war sie erneut im "Römer" und hielt ihre erste Rede im neuen Jahr. Zur Feier des Tages überreichte Feldmann ihr ein paar Espresso-Tassen mit dem Konterfei von Johann Wolfgang von Goethe, des berühmtesten gebürtigen Frankfurters.

In ihren Ausführungen zitierte die EZB-Präsidentin Goethe, betonte die Geschichte und Kultur der Main-Metropole und versuchte allgemein Brücken zu den Frankfurtern zu schlagen.

Verabredung zum Dinner

Der Abend endete damit jedoch noch nicht. Die Neu-Frankfurterin Lagarde lernte regionale Spezialitäten wie Apfelwein und Grüne Sosse kennen, die häufig mit Eiern oder Schnitzel serviert wird. In seinem Tweet schreibt Feldmann: "Dieser Moment, wenn eine Neu-Frankfurterin Grüne Sosse isst und sagt: 'It’s lovely.'"

Am Montag nahm Lagarde am Neujahrsempfang der Brüsseler Repräsentanz von Baden-Württemberg teil. Lagarde sowie eine Reihe von Politikern und Staatsbeamten liessen sich Köstlichkeiten aus der Region munden, wie beispielsweise Maultaschen. In einer kurzen Ansprache konnte sie auch hier mit ihrem Charme überzeugen: Sie lobte unter anderem das Bier, das serviert wurde. 

(Bloomberg/cash)