Gemeinsam mit seiner designierten Stellvertreterin Lael Brainard muss Fed-Chef Jerome Powell  den hohen Preisauftrieb im Zaum halten. Zugleich gilt es, die Zinswende einzuleiten, ohne den Aufschwung abzuwürgen. Dabei hat Powell gerade erst mit dem Abbau der massiven Krisenhilfen begonnen - dem sogenannten Tapering. Die Finanzmärkte rechnen fest damit, dass er nach Antritt seiner zweiten Amtszeit im Februar das Projekt Zinswende angehen wird. Damit es wie vielfach erwartet Mitte 2022 über die Bühne gehen kann, müsste das Tapering dann abgeschlossen sein. Womöglich wird der Fed-Chef wegen der Inflationsgefahr aber gefordert sein, noch schneller zu agieren.

Laut Portfoliomanager Mike Sewell von der Fondsgesellschaft T. Rowe Price sind Investoren angesichts der Inflationsgefahren zunehmend in Sorge, dass die US-Notenbank ins Hintertreffen geraten könnte. Die US-Zentralbank hält den Leitzins weiter in einer Spanne von null bis 0,25 Prozent. Zugleich ist die Teuerungsrate im Zuge von explodierenden Energiekosten und pandemiebedingten Lieferengpässen mit 6,2 Prozent so hoch wie seit drei Jahrzehnten nicht mehr.

Ökonom Sewell geht davon aus, dass die Fed nächstes Jahr drei Mal die Zinsen erhöhen muss, um sich gegen den massiven Preisauftrieb in den USA zu stemmen. Damit würde sie weit aggressiver vorgehen, als es die Währungshüter im September in ihrem Zinsausblick vorgezeichnet haben. Im Dezember wird der Ausblick erneuert und die Finanzmärkte dürften mit Spannung darauf sehen, ob weitere Anhebungen ins Auge gefasst werden.

Party des billigen Geldes

Bereits unmittelbar nach Bekanntgabe der Nominierung Powells für eine zweite Amtszeit war am Geldmarkt eine Zinserhöhung im Juni 2022 in den Kursen vorweggenommen worden. Für den Kapitalmarktstrategen von RoboMarkets, Jürgen Molnar, ist klar, dass nun zumindest die Gefahr eines schlagartigen Kurswechsels vom Tisch ist: "Die Party des billigen Geldes geht also bis auf weiteres weiter." Doch Powell hat deutlich gemacht, dass ihn Inflationssorgen umtreiben: "Wir wissen, dass eine hohe Inflation Familien belastet, besonders diejenigen, die weniger in der Lage sind, die höheren Kosten für Wesentliches wie Lebensmittel, Unterkunft und Fortbewegung zu stemmen."

Commerzbank-Ökonom Bernd Weidensteiner verweist darauf, dass Powell in seiner ersten Amtszeit den Kompass der Fed stärker auf soziale Aspekte ausgerichtet hat - etwa bei der Erreichung des Vollbeschäftigungsziels. Laut dem Zentralbankchef hat die Fed bei ihrer Strategie die sozial Benachteiligten im Blick. Sie trage damit der Tatsache Rechnung, dass ein starker Arbeitsmarkt "besonders Wohngegenden mit niedrigem oder moderatem Einkommen" zugutekomme. "Diese Politik wird nun fortgeführt. Gleichzeitig hat Powell mit dem Beschluss im November, die Anleihenkäufe zurückzufahren, bereits die Weichen für den Ausstieg aus der aktuell extrem expansiven Geldpolitik gestellt", so Weidensteiner.

Sollte die Fed beim Kampf gegen den Preisauftrieb eine Zinserhöhung bereits vor dem Sommer ins Auge fassen, müsste sie das Tapering entsprechend forcieren. Anfang November entschied sie, das Tempo ihrer Wertpapierkäufe zu drosseln. Das Volumen von 120 Milliarden Dollar wurde ab Mitte November um monatlich 15 Milliarden Dollar gesenkt. Die Fed steuert diesen Sinkflug jedoch nicht gänzlich per Autopilot. Sie behält sich vor, das Tempo beim Abbau bei Bedarf zu erhöhen oder zu verringern.

Höheres Tempo ab Dezember?

Der scheidende Fed-Vize Richard Clarida, dessen Amtszeit als Direktor am 31. Januar abläuft und dessen Posten Brainard voraussichtlich übernehmen wird, hat eine Diskussion über ein höheres Tempo angestossen. Angesichts der erhöhten Inflationsgefahren könne dies bereits auf der nächsten Zinssitzung im Dezember zur Sprache kommen.

Fed-Direktor Christopher Waller wurde noch konkreter und forderte eine Verdoppelung des Abbautempos. Dann könnte die US-Notenbank ihre Anleihenkäufe bereits im April abgeschmolzen haben. Dies würde den Weg für eine Zinserhöhung im zweiten Quartal freimachen. Sollte es so kommen, würde Powell bereits in der Frühphase seiner auf vier Jahre befristeten zweiten Amtszeit das definitive Ende des Krisenmodus besiegeln.

(Reuters)