Der britische Börsenguru Jeremy Grantham, Gründer des Vermögensverwalters GMO, hat wiederholt vor einer "Superblase" in den USA und einem epischen Absturz an den dortigen Börsen gewarnt. Aber jetzt läutet der bekannte Value-Investor die Alarmglocken noch wilder, indem er auf mehrere Faktoren hinweist, die gleichzeitig zusammenlaufen - einschliesslich des Klimawandels.

In einem Interview mit Bloomberg sagte Grantham am Mittwoch voraus, dass die für Anlegerinnen und Anleger insgesamt ertragsreiche "Goldilocks"-Ära der letzten 25 Jahre zu Ende geht. Er erwartet, dass die nahe Zukunft eine Zeit hoher Inflation, langsamen Wirtschaftswachstums und Arbeitskräftemangels sein werde.

"Wir haben Kriterien für eine Superblase das ganze letzte Jahr abgehakt", bemerkte er. "Der Nasdaq hat begonnen, sich im Vergleich zu den Blue Chips abzuschwächen. Der Russell hat begonnen, sich abzuschwächen (…) Heute fühle ich es, das Platzen der Blase ist fast sicher."

Grantham, der die letzten drei Marktblasen vorhergesagt hatte, sagte bereits letzte Woche, er sei zuversichtlich, dass der S&P um 50 Prozent zusammenbrechen werde, ähnlich wie bei den Blasen von 1929, 2000 und 2008. Der aktuelle Markt ähnle der vierten Superblase in der Geschichte der USA. Das "wilde Spektakel kann jederzeit beginnen".

Es muss aber auch gesagt werden, dass Grantham seit Jahren ähnliche Warnungen herausgibt, als die Märkte in die Höhe schnellten - zum Nachteil seiner Anleger. Laut Daten von Bloomberg hat nur einer der neun Aktienfonds von GMO in den letzten fünf Jahren den MSCI World Index übertroffen. Aber jetzt äussert Grantham im Interview mit Bloomberg noch stärker als zuvor die Zuversicht, dass ein epischer Crash unvermeidlich sei.

Schutz der Umwelt erhöht Inflationsdruck

Der 83-jährige Investor wies darauf hin, dass Bemühungen zum Schutz der Umwelt auch zu Inflationsdruck und Rohstoffknappheit beitragen und zukünftig für einen unruhigen Markt sorgen würden. "Es gibt nur eine bestimmte Menge billiges Öl, billiges Nickel, billiges Kupfer. Und wir fangen an, einige dieser Grenzen zu erreichen", sagte er. "Wir werden überall in einer Welt von Engpässen, Knappheit und Preisspitzen leben."

Die Rohstoffknappheit und der Klimawandel würden die Landwirtschaft zukünfit erschweren, was mit anderen Trends wie geopolitischen Spannungen, Pensionierung der Babyboomer und sinkenden Geburtenraten einhergehe. Diese Faktoren erschweren das wirtschaftliche und industrielle Wachstum.

Die Menschheit habe die langfristigen Kapazitäten des Planeten ignoriert. "Die Natur beginnt zu versagen. Und am Ende, wenn wir das nicht beheben, beginnen wir auch zu versagen", warnte Grantham.

Nicht zu verkaufen sei immer eine Option, so Grantham. Er wies jedoch darauf hin, dass diejenigen, die in der Vergangenheit an ihren Wertpapieren festgehalten haben, lange darauf warten mussten, ihre Verluste wieder auszugleichen: 25 Jahre im Falle des Dow Jones Industrial Average im Jahr 1929, fast 15 Jahre beim Nasdaq Composite im Jahr 2000 und fünfeinhalb Jahre beim S&P 500 im Jahr 2007.

Robert Shiller warnt ebenfalls

Grantham ist mit seiner düsteren Prognose bei weitem nicht allein. Starökonom Robert Shiller warnt ebenfalls vor einem Börsen-Rückgang von bis zu 50 Prozent. Der Wirtschaftsnobelpreisträger sagt, die Börsen könnten massiv einbrechen. Grosse Gefahren sieht er in der Inflation und im Kampf zwischen den USA und China.

In der Welt der Finanzen geniesst Robert Shiller den Ruf eines Crashpropheten, der mit seinen Prognosen häufig richtigliegt. Er sagte den Absturz der Märkte zur Jahrtausendwende voraus. Ebenso den Ausbruch der grossen Finanzkrise 2008, die im US-Immobilienmarkt ihren Ausgang nahm.

Die Grundlage für die Markt-Einschätzungen von Shiller basiert zu grossem Teil auf auf einem vom ihm entwickelten und weit beachteten Bewertungsmodell - der sogenannte Capital Adjusted Price-Earning Ratio (CAPE). Es handelt sich dabei grobgesagt um ein abgewandeltes Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), wobei die Kurse ins Verhältnis zu den Gewinnen der Unternehmen in den letzten zehn Jahren gstellt werden.

Seit den 1880er Jahren liegt der durchschnittliche Cape bei etwas mehr als 17, was bedeutet, dass die Aktienbewertungen dem 17-Fachen der durchschnittlichen Gewinne der jeweils letzten zehn Jahre entsprochen haben. Für die Zeitperiode seit dem Jahr 2000 liegt dieses Verhältnis im Durchschnitt beim rund 27-Fachen der Gewinne. Shillers aktuelle Warnung fusst darauf, dass der Wert jetzt knapp unter dem 40-fachen der Gewinne liegt.

Die hohe Bewertung am Aktienmarkt ist vor allem in Kombination mit steigenden Zinsen und Anleiherenditen problematisch. Dies sorgt für Abschläge bei der Ririkoprämie bei Aktien und hat in der Logik von Shiller eine grössere Marktkorrektur zur Folge.

Lehman-Shortseller warnt vor inflationsbedingten Rezession

Zu der illustren Gruppe gesellt sich nun auch Hedgefonds-Manager David Einhorn. Der Star-Investor sagte, egal was die US-Notenbank Fed tue, eine hochfliegende Inflation führe schlussendlich zu einer Rezession. Der Chef von Greenlight Capital ist dafür bekannt, Lehman Brothers-Aktien vor der Rezession 2008 leerverkauft zu haben.

Greenhorn sagte am Mittwoch in einem vom Nachrichtensender CNBC aufgegriffenen Investorenbrief, dass seine Firma bereits begonnen habe, sich auf einen wirtschaftlichen Abschwung vorzubereiten, da die Inflation auf den höchsten Stand seit Jahrzehnten steige.

"Letztendlich glauben wir, dass die Inflation eine Rezession verursachen wird, unabhängig davon, was die Fed tut", schrieb Einhorn. "Die höheren Preise des täglichen Bedarfs werden letztendlich dazu führen, dass Konsumenten mit niedrigem Einkommen bei anderen Dingen sparen. Es gibt Anzeichen dafür, dass dies bereits geschieht."

Die Inflation, die auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren sei, sei zu diesem Zeitpunkt "so eingebettet", dass die Fed "den Vorrang der Finanzmärkte opfern" müsste, um sie zu bekämpfen, sagte Einhorn weiter. Bereits im Sommer 2021 hatte er davor gewarnt, dass die Inflation noch Jahre andauern werde, da "zu viele Dollar zu wenigen Waren und Dienstleistungen nachjagen".

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