US-Präsident Donald Trump will in die Geschichte eingehen - und wird dabei wohl auch ein Kapitel als Schuldenmacher schreiben. Der auf Superlative versessene Republikaner hat seinen Wählern versprochen, der grösste Jobproduzent zu werden, "den Gott je geschaffen hat".

Während der Arbeitsmarkt unter Trump - wie bereits in den Jahren vor seinem Amtsantritt - weiter brummt, hat sich das Loch in der Haushaltskasse deutlich ausgedehnt. In den zwölf Monaten bis Ende September 2019 stieg es auf 984 Milliarden Dollar an - das grösste Defizit seit sieben Jahren. Damals litten die USA noch unter den Nachwehen der Finanzkrise, nun floriert die Wirtschaft aber. Dennoch tickt die Schuldenuhr unaufhörlich weiter: Seit Oktober sind rund 357 Milliarden Dollar aufgelaufen - 38 Milliarden mehr als im Vorjahreszeitraum.

Der USA-Experte der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), Josef Braml, sieht die Gefahr, dass der US-Staat bald handlungsunfähig werden und damit eine globale Krise auslösen könnte. "Nur die Niedrigzinspolitik rettet die Welt vor einem GAU. Wenn die Zinsen steigen, wird die Schuldenlast erdrückend", sagt Braml.

Für Commerzbank-Experte Bernd Weidensteiner ist dies derzeit jedoch nicht absehbar. "Es müsste schon viel zusammenkommen, dass sich der Markt schliesst." Amerika habe mit dem Dollar die Weltleitwährung und verfüge über die grössten und liquidesten Finanzmärkte: "Das ist schwer zu unterminieren. Die USA befinden sich damit in einer sehr kommoden Position", sagt Weidensteiner.

Der Hang zur Verschuldung wird dadurch offenbar gefördert. Schätzungen zufolge dürfte beim jährlichen Defizit die Billionengrenze bis 2022 überschritten sein. "Die Aussicht auf eine solch hohe und steigende Schuldenlast stellt ein schwerwiegendes Risiko für das Land dar", warnt die Kongressbehörde Congressional Budget Office (CBO). Experten verweisen darauf, dass die Wirtschaftsblüte und der Boom an den Börsen eigentlich beste Voraussetzungen böten, das Defizit zurückzufahren.

Sonderfall Trump

Doch sei Trump ein auffälliger "Sonderfall" in der amerikanischen Nachkriegsgeschichte, sagt Weidensteiner. Anders als seine Vorgänger habe der Republikaner beim Schuldenmachen auch inmitten des Aufschwungs noch "weiter Gas gegeben", während andere Präsidenten eher auf die Bremse getreten seien. "Dafür muss man Trump auf dem Zeugnis eher ein 'ungenügend' ausstellen", urteilt der Ökonom.

Einer der Gründe für das steigende Tempo der Verschuldung ist die von Trump durchgesetzte Reform von 2017, mit der Unternehmensteuern massiv gesenkt wurden und auch der Spitzensteuersatz heruntergesetzt wurde. Experten schätzen, dass das von Trump damals als "Weihnachtsgeschenk für die Mittelschicht" bezeichnete Paket letztlich dem Staat auf die Füsse fällt. Die dadurch erzeugte zusätzliche Schuldenlast wird auf mindestens eine Billion Dollar über einen Zeitraum von zehn Jahren veranschlagt.

US-Notenbankchef Jerome Powell, den Trump immer wieder zu einem lockereren geldpolitischen Kurs gedrängt hat, schwant Böses, falls der seit mehr als elf Jahren anhaltende Boom in den USA in eine Rezession umschlagen sollte. Dann wäre die Regierung gefragt, mit der Haushaltspolitik dagegenzuhalten. Doch die Schuldenpolitik sei "nicht nachhaltig", kritisierte der Fed-Chef Ende 2019 vor einem Kongress-Ausschuss. "Hohe und noch weiter steigende Schulden" würden es dem Staat schwermachen, der Wirtschaft in schlechten Zeiten mit Konjunkturspritzen auf die Beine zu helfen.

22,4 Billionen Dollar Schulden

Die Verbindlichkeiten haben sich seit dem Amtsantritt Trumps im Januar 2017 insgesamt um rund 2,45 Billionen Dollar erhöht. Auf Bundesebene hat sich über die Jahre einen Schuldenberg in Rekordhöhe von 22,4 Billionen Dollar angehäuft. Rechnet man dabei interne Verschuldungsposten heraus, verbleiben letztlich Kapitalmarktschulden in Höhe von 17,1 Billionen Dollar. Dies sind laut dem Kongressbüro CBO knapp 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. "Amerikas mangelnde Sparquote und seine exorbitante Verschuldung führen dazu, dass die USA auf absehbare Zeit ein Handelsdefizit haben werden", sagt DGAP-Mann Braml, der auch Autor des Blogs usaexperte.com ist.

Trump mache mit seinen Attacken auf die EU wegen deren Überschuss im Handel mit den USA eine "Milchjungenrechnung" auf, ergänzt er. Denn das US-Aussenhandelsdefizit entstehe nicht, weil Europa die USA übervorteile, sondern aufgrund ökonomischer Faktoren. Trump verkenne, dass das Aussenhandelsdefizit und die Staatsverschuldung unterschiedliche Seiten derselben Medaille seien. "Die USA können sich ihre hohen Rüstungsausgaben und das Leben auf Pump nur so lange leisten, wie das Ausland auf eigenen Konsum und Investitionen verzichtet und in die US-Märkte investiert - beispielsweise in Anleihen, über die sich der US-Staat refinanziert", führt Braml aus.

Das US-Defizit hatte 2009 einen Höchststand von 1,4 Billionen Dollar erreicht, als die Regierung unter Trumps demokratischem Vorgänger Barack Obama das Bankensystem in der globalen Finanzkrise mit Staatshilfen vor dem Kollaps bewahrte. Obama baute das Defizit dann bis zum Ende seiner zweiten Amtszeit 2016 wieder auf 585 Milliarden Dollar ab. Im neuen Jahrzehnt zeichnet sich nun ein Marsch in den Schuldenstaat ab. Die Kongressbehörde CBO veranschlagt, dass der Schuldenberg der US-Regierung bis 2029 auf 95 Prozent der Wirtschaftsleistung ansteigt - das höchste Niveau seit 1946.

(Reuters)