Die sogenannten "Sparsamen Vier" etwa mit den Niederlanden lehnen Zuschüsse von 500 Milliarden Euro für die besonders von der Corona-Krise betroffene EU-Staaten ab. Im Ringen um die rund 1,7 Billion Euro bis 2027 prallen zudem die klassischen Anliegen von Nettozahlern und Nettoempfängern in der EU aufeinander. Dennoch zeigen sich erste Lockerungsübungen. Etliche Regierungen versuchen, in bilateralen Gesprächen voranzukommen. Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag ihren niederländischen Kollegen Mark Rutte empfangen. Montag und Dienstag folgen die Regierungschefs von Italien und Spanien.

Die 27 EU-Regierungen sind sich einig, dass eine Einigung schnell kommen sollte. Denn zum einen läuft die EU-Finanzperiode Ende des Jahres aus. Anträge für die EU-Finanzierungen ab 2021 können erst nach einer Einigung der EU-27 gestellt werden. Zudem soll der Aufbaufonds den am schwersten von der Corona-Krise getroffenen Staaten helfen - also muss die Hilfe schnell ausgezahlt werden. Beides spricht eigentlich für einen Abschluss bereits kommendes Wochenende.

Allerdings: Danach folgen die Verhandlungen mit dem EU-Parlament und die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente. Der niederländische Ministerpräsident Rutte etwa verfügt nur über eine sehr knappe Mehrheit im Parlament. EU-Diplomaten schlossen deshalb nicht aus, dass er eine Einigung kommendes Wochenende noch ablehnt, um zu zeigen, dass er gekämpft hat.

Zuschüsse gegen Kredite

Dass ausgerechnet das gerne als europäischer "Zuchtmeister" kritisierte Deutschland bereit ist, 500 Milliarden Euro als Zuschüsse an notleidende EU-Partner zu zahlen, hat viele überrascht. Kanzlerin Merkel beharrt trotz des Widerstands von Österreich, den Niederlanden, Dänemark und Schweden auf diesem Punkt - weil Kredite nur die Verschuldungsrate etwa Italiens in neue Höhen treiben würden. Ausserdem soll das Geld schnell abfliessen, um die Volkswirtschaften zu stabilisieren. Die "Sparsamen Vier" argumentieren, dass mit Zuschüssen ein Fehlanreiz gesetzt werde. Als Fortschritt gilt aber, dass das Grundprinzip - Aufbaufonds und Kreditaufnahme der EU-Kommission - nicht mehr infrage gestellt wird.

Die Mischung machts

Merkel betonte unlängst, dass die Doppelaufgabe die Einigung über den finanziellen Rahmen und Aufbaufonds einerseits komplexer, andererseits aber einfacher mache. Denn EU-Finanzverhandlungen sind ein Geben und Nehmen - wer aus dem einen Topf wenig bekommt, kann beim anderen punkten. Das gilt auch für den Aufbaufonds. Als möglicher Kompromiss werden eine Senkung der 500 Milliarden Euro Zuschüsse angesehen - oder ein anderes Mischverhältnis zwischen Krediten und Zuschüssen. EU-Ratspräsident Charles Michel deutete einen möglichen Kompromiss an, indem er das 750-Milliarden-Paket zerlegte. 310 Milliarden Euro sollten auf jeden Fall Zuschüsse sein. Daneben gibt es für weitere 190 Milliarden neun weitere Töpfe - bei denen man möglicherweise zu anderen Regelungen kommen kann.

Hilfe nur gegen Auflagen?

Vor allem die nördlichen EU-Staaten dringen darauf, dass Hilfen in der EU mit Reformauflagen verbunden sein müssen. Diese sogenannte Konditionalität ist aber umstritten. Italien oder Spanien argumentieren: Die Corona-Krise habe sie anders als etwa die Finanzkrise unverschuldet getroffen, Misstrauen der Partner sei deshalb nicht angebracht. Auch Merkel betont dies. Gleichzeitig hatte bei ihrem Treffen mit Rutte aber gesagt, dass Hilfen nur helfen, wenn sie für Zukunftsausgaben und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit ausgegeben würden. Als Kompromiss gilt, dass die EU-Kommission Bereiche für Ausgaben definiert. Denkbar ist auch eine spätere Überprüfung, für was das Geld ausgegeben wurde. Umstritten ist, ab wann Anleihen der EU-Kommission getilgt werden sollten.

Zukunftsausgaben oder Bestand sichern?

Daneben gibt es eine Fülle von Einzelfragen im normalen Finanzrahmen der EU, die heikel sind. Dazu gehört die Höhe des Budgets, weil etwa das Europäische Parlament viel mehr Geld ausgeben möchte als nördliche EU-Staaten. Dazu gehören aber auch Rabatte von den nationalen Lasten, auf die Nettozahler wie Deutschland bestehen. Annäherungen gibt es aber bei der Priorisierung der Aufgaben. Dabei muss eine Balance zwischen Ausgaben etwa für die Landwirtschaft und neuen Ausgaben für Klimapolitik, Verteidigung und Forschung gefunden werden.

(Reuters)