Der zweite Absturz einer neuen Boeing-Maschine des Typs 737 Max hat die Luftfahrtbranche in Aufregung versetzt. Viele Länder haben für das Modell ein Flugverbot erteilt, weil die Ursache der Abstürze noch nicht geklärt ist. Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Jet:

WAS IST DIE 737-MODELLFAMILIE?

Die Boeing 737 hob erstmals 1967 ab und ist das meistverkaufte Passagierflugzeug der Welt. Die 737 Max ist die vierte und damit jüngste Generation. Es verkaufe sich so schnell wie keine andere Boeing-Maschine, heisst es auf der Webseite des US-Konzerns. Bis Ende Februar 2019 zählte er mehr als 5012 Bestellungen von über 100 Kunden. Es gibt insgesamt vier Varianten dieses Modells - Max 7, Max 8, Max 9, Max 10 - die sich vor allem in der Rumpflänge und der Sitzkapazität unterscheiden. Maschinen des Typs Max 8 (Maximal 210 Sitze) und Max 9 (Maximal 220 Sitze) fliegen schon. Die kleinere Max 7 (bis zu 172 Sitze) soll ab diesem Jahr in Betrieb gehen, die grössere Max 10 (bis zu 230 Sitzen) ab dem Jahr 2020.

737 MAX VERSUS AIRBUS 320 NEO?

Die 737 Max ist ein mittelgrosses Flugzeug mit einem schmalen Rumpf, das heisst, es gibt nur einen Gang in der Mitte der Sitzreihen. Die Flugzeuge sind mit neuen Triebwerken ausgerüstet, die weniger Sprit verbrauchen - in Zeiten steigender Kerosinpreise und wachsender Diskussionen um das Klima ein Verkaufsargument für Fluglinien. Das direkte Konkurrenzmodell beim Rivalen Airbus ist der A320neo mit 4154 Bestellungen bis Ende Februar. Während die Airbus-Maschinen vor allem in Europa und Afrika beliebt sind, setzten viele Fluglinien in Asien und den USA auf die 737 Max.

WELCHE LÄNDER HABEN DER 737 MAX EIN FLUGVERBOT ERTEILT?

Die europäische Flugbehörde EASA hat ein Flugverbot für 737-Max-Maschinen in der Europäischen Union ausgesprochen. Auch die Schweiz lässt den Jet nicht mehr in die Luft beziehungweise überfliegen. Auch in China, wo mit 96 Maschinen mit Abstand am meisten dieser Flugzeuge im Einsatz sind, müssen sie am Boden bleiben. Flugverbote gibt es ausserdem bisher in Australien, Indien, Indonesien, Singapur, Oman, Hongkong, Kuwait, Kasachstan, Usbekistan, Neuseeland, Thailand, in der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten, Vietnam und im jüngsten Unglücksland Äthiopien. Schlussendlich haben auch die USA nachgezogen und die Starterlaubnis entzogen. 

 

 

WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT DAS FLUGVERBOT AUF DEN FLUGVERKEHR?

Kurzfristig keine sehr grossen. Die 737 Max ist ein neues Modell, bisher sind 376 Maschinen ausgeliefert. Im Vergleich zu etablierten Modellen ist das wenig - von der Vorgänger-Generation 737 NG sind zum Beispiel mehr als 6000 Flugzeuge im Einsatz. Die meisten Airlines könnten relativ leicht auf andere Maschinen ausweichen, sagt Luftfahrt-Berater John Strickland. "Zurzeit wird der Effekt der Flugverbote begrenzt durch die relativ kleine Flotte, die derzeit in Betrieb ist." Ausserdem ist der Monat März nicht gerade Hochsaison. Und angesichts erster Anzeichen für eine Abschwächung des Wachstums im Flugverkehr fällt es den Fluglinien leichter, Kapazitäten aus dem Markt zu nehmen, erklärte ein Branchenvertreter.

LANGFRISTIGE AUSWIRKUNGEN?

Die könnten schon grösser sein, denn spätestens zu Ostern zieht die Saison ab Mitte April an. Viele Fluglinien hoffen, dass die Probleme bis dahin aufgeklärt sind. Ansonsten müssten sie möglicherweise bei ihren Bestellungen umdisponieren - 4636 Flugzeuge des Typs 737 Max sind geordert, aber nicht ausgeliefert. Korean Airlines etwa habe viele 737 Max-Maschinen bestellt, sagt Um Kyung-a, Analyst bei Shinyoung Securities. "Wenn Boeing die Unglücksursachen nicht klären kann, könnte ihnen das echte Kopfschmerzen bereiten." Dann müsste die Airline Alternativen suchen. Andere Grossbesteller für das Modell sind Norwegian Air, der Reisekonzern TUI, flydubai, die brasilianische GOL, die irische Ryanair, die indische Jet Airways und die indonesische Lion Air, deren 737-Max-Maschine im Oktober abstürzte.

KÖNNTE AIRBUS VON DEN PROBLEMEN BEI BOEING PROFITIEREN?

Bisher hat noch keine Fluglinie offiziell gesagt, dass sie den Auftrag von Boeing-737-Max-Maschinen zurückzieht und dafür Airbus-Flugzeuge bestellen würde. Lion Air hatte nach dem Absturz seiner Maschine zwar gedroht, die Boeing-Jets abzubestellen. Insidern zufolge haben sie das aber bisher nicht getan. In Malaysia forderten die Behörden die Fluglinie Malaysia Airlines auf, ihre Order für 25 737-Max-Maschinen zu überprüfen. Für Entscheidungen sei es aber noch viel zu früh, meint Shukor Yusof von der Luftfahrt-Beratung Endau Analytics. "Ich bezweifele, dass es sofort Absagen bereits bestehender Bestellungen geben wird. Dafür gibt es noch zu viele ungelöste Fragen."

(Reuters/cash)