"Ich habe dieses europäische Statement initialisiert, weil ich denke, dass in der Wissenschaft ein wirklich sehr, sehr breiter Konsens herrscht - von der Virologie zur Epidemiologie, zur Wirtschaft und zur Soziologie - dass niedrige Fallzahlen nur Vorteile haben", sagt Priesemann, die am Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation in Göttingen forscht. Hohe Fallzahlen hätten hingegen keinerlei Vorteile. "Es lohnt sich, die Fallzahlen konsequent runter zu bringen, und dann auch wirklich konsequent dort unten zu halten. Wir haben bei niedrigen Fallzahlen mehr Freiheiten."
Das von den Forschern genannte Ziel sei in vielen Ländern erreicht worden und könne in Europa bis spätestens Frühjahr auch wieder erreicht werden. Konsequente Beschränkungen hätten sich als wirksam erwiesen. Um einen Pingpong-Effekt und ein immer neues Einschleppen des Virus zu vermeiden, sei entschlossenes und synchronisiertes Handeln aller Länder Europas gefragt.
Sobald es gelungen sei, die Zahl der Neuinfektionen herunterzubringen, sei eine Lockerung der Massnahmen möglich, heisst es in dem Positionspapier weiter. Sie sollten aber streng überwacht werden, etablierte Massnahmen wie Hygieneregeln oder Kontaktverfolgung sollten beibehalten werden. Darüber hinaus müssten mindestens 300 Tests pro Tag pro eine Million Einwohner zur Verfügung stehen, um das Infektionsgeschehen langfristig auf niedrigem Niveau halten zu können. Lokale Ausbrüche erforderten ein schnelles und rigoroses Eingreifen, inklusive Reisebeschränkungen und regionale Lockdowns.
Auch für die fernere Zukunft sollte nach Ansicht der Forscher über nationale Aktionspläne hinaus eine gemeinsame europäische Strategie entwickelt werden.
Bis Samstag hatten mehr als 330 Experten und Wissenschaftler das Papier der Initiative "Contain Covid-19" unterzeichnet. Aus Deutschland gehörten dazu etwa die Virologen Christian Drosten und Sandra Ciesek, der Präsident des Robert Koch-Instituts, Lothar Wieler, der Präsident des ifo Institut für Wirtschaftsforschung, Clemens Fuest, oder Leopoldina-Präsident Gerald Haug./ags/DP/nas
(AWP)