Die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates (NSC), Emily Horne, sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Freitag, es werde zunächst die gegenwärtige Sachlage geprüft "im Einklang mit unserem übergeordneten Ziel, Guantanamo zu schliessen".

Der NSC werde dafür mit den Verteidigungs-, Aussen- und Justizministerien zusammenarbeiten und sich eng mit dem Kongress abstimmen. Zwei mit dem Vorgang vertraute Personen sagten Reuters, Berater diskutierten unter anderem einen Erlass des Präsidenten, den er in den kommenden Wochen oder Monaten unterzeichnen könnte.

Horne zufolge müssen zunächst wichtige Posten in den zuständigen Ministerien besetzt werden, bevor der Prozess vorangetrieben werden könne. "Wir brauchen die richtigen Leute im Amt, um diese wichtige Arbeit zu erledigen", sagte sie. Den Insidern zufolge soll der Ansatz zunächst darin bestehen, die Gefangenen in ihre Heimatländer oder andere Staaten zu überführen.

40 Menschen in Haft 

Zudem könne das Verteidigungsministerium prüfen, ob die Inhaftierten noch eine Gefahr darstellten. Ihre Verlegung in reguläre Gefängnisse auf dem amerikanischen Festland ist der US-Regierung per Gesetz untersagt. Die knappe Mehrheit von Bidens Demokraten im Kongress dürfte nicht ausreichen, um dieses zu kippen. Ohnehin dürfte jede Verlegung durch die Coronavirus-Pandemie erschwert werden.

In dem Lager auf Kuba werden gegenwärtig 40 Menschen in Haft gehalten, die meisten von ihnen seit fast zwei Jahrzehnten ohne Anklage oder Gerichtsverfahren. Kritiker sprechen von harschen Haftbedingungen und werfen den USA Folter vor.

Anfang Februar forderten mehr als 100 Menschenrechtsorganisationen Biden in einem offenen Brief auf, das Lager zu schliessen und die unbefristete Inhaftierung von Terrorverdächtigen zu beenden. Biden hatte sich im Wahlkampf für eine Schliessung ausgesprochen, jedoch keine Einzelheiten genannt.

Unter Bush eingerichtet

Präsident George W. Bush hatte das Lager in dem US-Militärstützpunkt eingerichtet, um dort Terrorverdächtige nach den Anschlägen vom 11. September 2001 einzusperren. Dort wurden zeitweilig bis zu 800 Menschen festgehalten. Bushs Nachfolger Barack Obama - unter dem Biden als Vize-Präsident diente - rief das Ziel einer Schliessung aus.

Er scheiterte jedoch mit der Umsetzung, insbesondere wegen des Widerstandes der Republikaner im Kongress. Trump machte Obamas Politik nach seiner Amtsübernahme 2017 rückgängig und ordnete 2018 an, Guantanamo weiter zu betreiben. Er zeigte sich 2019 entsetzt über die Kosten, die dem US-Steuerzahler durch das Lager entstünden. 

(Reuters)