Notenbank-Chefin Christine Lagarde und die anderen Ratsmitglieder kündigten am Donnerstag nach der Zinssitzung an, dass die Ankäufe im Rahmen des Kaufprogramms PEPP während des nächsten Quartals deutlich umfangreicher ausfallen werden als während der ersten Monate des Jahres. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:
FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW
Es ist gut, dass sich die Tauben im EZB-Rat dieses Mal noch nicht völlig durchgesetzt haben und der Rat nicht verfrüht eine neuerliche Erhöhung der PEPP-Obergrenze beschlossen hat. Es wäre völlig übertrieben, den Anstieg der Anleiherenditen seit Jahresanfang zu dramatisieren. Man muss dabei auch das Niveau betrachten: Sogar die griechischen 10-Jahres-Zinsen liegen derzeit unter einem Prozent. In realer Betrachtung sind die Renditen aller Euro-Staatsanleihen negativ.
Europa verharrt auch bei den Kapitalmarktzinsen daher in einer einzigartigen Niedrigzinssituation. Wer bei diesen Zinsniveaus aus einem Anstieg von 0,3 Prozentpunkten schon ein Problem für die Erholung der Euro-Zone macht, verkennt völlig die Ursachen der Corona-Rezession. Nirgendwo in Europa wird die Erholung derzeit durch zu hohe Zinsen behindert, sondern durch die hartnäckige Pandemie, immer neue Lockdowns und ein enttäuschend langsames Impftempo. Die EZB ist nicht allmächtig und tut gut daran, sich in dieser Phase zurückzuhalten.
ULRICH WORTBERG, HELABA
Die EZB hat die Geldpolitik nicht grundsätzlich verändert. Es bleibt bei der sehr expansiven Ausrichtung. Mit dem Anstieg der Renditen und der Inflationserwartungen besteht allerdings ein gewisser Handlungsdruck und so hat sie die Flexibilität des Pandemie-Notfall-Programms hervorgehoben und beschlossen, im Rahmen dieses Programms die Käufe vorübergehend zu erhöhen. Die EZB ist bestrebt, für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen.
ALEXANDER KRÜGER, CHEFÖKONOM BANKHAUS LAMPE
Von der Inflationspanik hat sich die EZB nicht anstecken lassen. Ihr Hauptaugenmerk liegt weiter auf günstigen Finanzierungsbedingungen. Dass es die EZB mit deren Durchsetzung ernst meint, zeigt ihr Vorhaben, die PEPP-Käufe deutlich zu steigern. Dies ist als implizite Kontrolle der Zinsstrukturkurve zu verstehen. Dabei agiert die EZB vorbeugend, will sie doch eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen vermeiden. Es bleibt dabei: Eine Wette gegen die EZB wird sich nicht lohnen. Daran wird auch die noch steigende Inflationsrate nichts ändern. Sie erleichtert es der Notenbank, die allgemeine Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten.
UWE BURKERT, LBBW-CHEFÖKONOM
Die EZB hat schnell auf den Renditeanstieg reagiert und kauft im kommenden Quartal mehr Anleihen im Rahmen des PEPP. Der Spielraum ist ja zunächst auch ohne weitere Erhöhung des Gesamtrahmens vorhanden. Das wird jetzt spannend, wie der Markt darauf reagiert. Es könnte sein, dass einige Akteure die Entschlossenheit der EZB testen wollen, so dass wir noch einen weiteren Renditeanstieg sehen werden. Aber letztlich sitzt die Zentralbank am längeren Hebel, weil sie über unbegrenzte Munition verfügt. Das Statement der EZB ist zudem ein Hinweis darauf, dass sie den Anstieg der Inflation nicht für bedrohlich bzw. mit Blick auf das Ziel von knapp zwei Prozent nicht für nachhaltig hält.
(Reuters)