Die Fed beschloss am Mittwoch eine Erhöhung um 0,75 Punkte auf die neue Spanne von 1,50 bis 1,75 Prozent. An den Finanzmärkten war angesichts der jüngst überraschend auf 8,6 Prozent gestiegenen Teuerungsrate ein Schritt in dieser ungewöhnlichen Größe erwartet worden. Experten sagten dazu in ersten Reaktionen:

THOMAS ALTMANN, QC PARTNERS

"Die Fed geht den ganz grossen Schritt. Die Bekämpfung der Inflation hat im Moment ganz klar Vorrang vor der Stimulierung der Wirtschaft und der Unterstützung der Märkte. Die Fed nimmt ganz bewusst in Kauf, dass die Landung der US-Wirtschaft möglicherweise weniger sanft ausfällt. Das ist der Preis für die aggressive Bekämpfung der Inflation."

ALEXANDER KRÜGER, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK 

"Die Fed lässt es beim Leitzins weiter krachen. Im Juli dürfte der nächste grosse Zinsschritt folgen. Abkühlungszeichen am Immobilienmarkt werden die Fed danach aber weniger forsch zu Werke gehen lassen. Da auch die Bilanzschrumpfung das monetäre Umfeld strafft, steigt bei ungehemmten Zinserhöhungen die Rezessionsgefahr. Die Inflationsbekämpfung dürfte der Fed eine Rezession kaum wert sein. Letztlich wird der Leitzins weniger kräftig steigen, als es an den Finanzmärkten derzeit erwartet wird."

THOMAS GITZEL, VP BANK GROUP

"Im Kampf gegen die hohen Inflationsraten machen die US-Währungshüter mächtig Druck. Die Zinsanhebung um 75 Basispunkte setzt ein klares Ausrufezeichen. Es sollte auch nicht vergessen werden, dass die US-Währungshüter parallel die Bilanzsumme der Fed reduzieren. Mehr geht im Moment im Kampf gegen die hohe Teuerungsrate nicht. Eines ist klar, ein Leitzinsniveau von rund 3,8 Prozent bei gleichzeitig durchaus beachtlicher Bilanzsummenreduktion werden für die US-Volkswirtschaft nicht ohne negativen Konsequenzen bleiben. Eine sich abkühlende Wirtschaft beziehungsweise eine Rezession wären derzeit wohl die besten Gegenspieler gegen die hohen Inflationsraten. Vielleicht setzen die US-Währungshüter ja genau auch darauf mit ihren kräftigen Zinsanhebungen."

NAEEM ASLAM, AVATRADE

"Die Fed ist entschlossen, alles zu tun, um die Inflation herunterzubringen. Diese Geldpolitik ist ein harter Test für den US-Aktienmarkt, der unter enormem Verkaufsdruck steht. Unglücklicherweise sagen uns die Konjunkturdaten, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern wird. Die Kursreaktionen waren nicht so heftig, wie manche Anleger erwartet hatten. In anderen Worten: Die Zinserhöhung um 75 Basispunkte war weitgehend eingepreist."

MICHAEL HEISE, HQ TRUST

"Die amerikanische Notenbank reagiert spät, nun aber heftig mit einer Zinserhöhung auf die hohe Inflation. Erwartungsgemäß sind die mittleren Inflations- und Zinserwartungen des Offenmarktausschusses deutlich angehoben worden. Das lässt erwarten, dass die Spitze der Leitzinsen nicht unter 3,5 bis 4 Prozent liegen wird. Die Zinserhöhung um 75 Basispunkte ist ein klares Signal, dass die Bank ihr Stabilitätsziel nach längerem Zögern jetzt mit Nachdruck verfolgt und nicht die Fehler der Politik in den 1970er Jahren wiederholen wird. Aufgrund der inflationsbedingten Kaufkraftverluste und der Zinserhöhungen der Notenbank ist mit einer deutlichen Abschwächung der Konjunktur und leicht steigender Arbeitslosigkeit zu rechnen. Eine starke Rezession wird durch die hohen Auftragsbestände der Industrie und eine starke Post-Corona-Nachfrage im Dienstleistungssektor verhindert werden. Die Finanzmärkte haben eine konjunkturelle Schwäche bereits vorweggenommen. Da sich auch die Inflationsrate in den nächsten Monaten wieder zurückbilden sollte, dürften sich die Aktienmärkte schon bald stabilisieren."

ELMAR VÖLKER, LBBW RESEARCH

"Die jüngst veröffentlichten US-Inflationsdaten haben offenbar die Warnlampen in den Reihen der Fed nochmals heller aufleuchten lassen. Nicht nur haben sich die Hoffnungen auf ein 'Inflations-Peak' in der Gesamtschau vorerst zerschlagen, sondern es verdichteten sich auch nochmals die Zeichen für mehr Inflationsdruck in der Breite. Um das Ziel einer mittelfristigen Rückkehr zur Preisstabilität nicht komplett aus den Augen zu verlieren, war daher eine erneute Beschleunigung der geldpolitischen Normalisierung die notwendige Reaktion. Die heutige historische Entscheidung einer Leitzinsanhebung um ganze 75 Bp – zum erst zweiten Mal innerhalb der letzten 30 Jahre – unterstreicht den Paradigmenwechsel in der US-Geldpolitik, verglichen mit der Nach-Finanzkrisen-Ära, besonders eindrücklich.

Angesichts der weiter gestiegenen Langfristrisiken für die Preisstabilität dürfte die Fed nun bestrebt sein, bereits auf der nächsten Sitzung im Juli ein neutrales Leitzinsniveau (geschätzt auf rund 2,5 Prozent) zu erreichen, was einen Zinszuschlag um weitere 75 Bp nahelegt. Ob es auch danach im selben Tempo weitergeht oder ob die Zinsschritte wieder moderater werden, hängt davon ab, ob sich der Inflationsausblick ab dem Sommer langsam aufzuhellen beginnt. Wir rechnen per Jahresende 2022 mit einem deutlich restriktiven Leitzinsniveau von 3,75 Prozent." 

(Reuters)