Wie Reuters von sechs mit den Vorgängen in der Führungsetage der Europäischen Zentralbank vertrauten Personen erfuhr, laufen die Pläne der Mitglieder im EZB-Rat vor der Zinssitzung am 16. Dezember darauf hinaus. Der Rat dürfte dann das Ende der Zukäufe im Rahmen des auf 1,85 Billionen Euro ausgelegten Pandemie-Notprogramms PEPP ab April 2022 besiegeln. Das kleinere Kaufprogramm APP im Umfang von zurzeit 20 Milliarden Euro pro Monat wird demnach weiterlaufen, aber neu ausgerichtet werden.

Die Neujustierung ist wichtig, um nach dem Ende des riesigen Ankaufprogramms PEPP einen möglichst reibungslosen Übergang zu schaffen, der keine Störungen - sogenannte Klippeneffekte - im Finanzsystem auslöst. Dabei will sich die EZB sowohl beim Umfang als auch für den Zeitraum der APP-Käufe strikte Grenzen setzen und wohl keine Festlegung über das Jahresende 2022 hinaus vornehmen. Dass die Währungshüter ein neues Programm aus der Taufe heben, gilt dem Vernehmen nach als äusserst unwahrscheinlich.

In jedem Fall dürften die Anleihenkäufe der EZB ab April deutlich geringer ausfallen als derzeit mit PEPP und APP zusammen. Die EZB wollte sich auf Anfrage nicht dazu äussern. Die Insider verwiesen zugleich darauf, dass noch keine Entscheidung gefallen sei und Details noch zu klären seien. Als eine Option gilt, für APP einen Gesamtumfang - einen sogenannten Envelope - für die Zeit bis Ende 2022 festzulegen oder aber das Programm aufzustocken. Bei letzterem könnte das Ankauftempo auf kurze Frist erhöht werden. Zugleich würde es dann ein Signal der EZB geben, dass später über eine Anpassung des laufenden Programms je nach Lage der Dinge entschieden werden könne.

Einige Vertreter in der Führungsebene dringen allerdings darauf, dass die Zentralbank versichert, dass die Käufe bis mindestens zum Ende des Jahres 2022 laufen werden. Der Hintergrund: Die EZB hat signalisiert, dass zuerst der Ausstieg aus den Bond-Programmen abgeschlossen werden soll, bevor die Zinswende folgt. Sollte APP schon im Laufe des kommenden Jahres auslaufen, könnte dies Zinsfantasien verstärken, die die EZB wegen der derzeit hohen Inflation ohnehin kaum im Zaum halten kann. Dabei hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde mehrfach deutlich gemacht, dass eine Zinserhöhung für 2022 sehr unwahrscheinlich sei.

Vertreter einer eher straffen Linie dringen angesichts der unsicheren Inflationsaussichten darauf, dass sich die Notenbank nicht über das kommende Jahr hinaus festlegt. Sie treibt die Sorge um, dass die Inflation nicht wie bislang erwartet unter das Zwei-Prozent-Ziel der EZB zurückfallen wird und die Notenbank sich daher Spielraum für eine Zinserhöhung im Jahr 2023 sichern sollte. Der einflussreiche EZB-Chefökonom Philip Lane geht allerdings davon aus, dass die Teuerungsrate nächstes Jahr deutlich sinken und sich mittelfristig wieder unter dem EZB-Zielwert einpendeln wird.

Eckpfeiler für APP nötig

Zuletzt hatte der estnische Ratsvertreter Madis Müller gesagt, er sehe keine Notwendigkeit für zusätzliche Konjunkturimpulse nach einem Auslaufen von PEPP. Auch wenn es nächste Woche auf eine Aufstockung oder einen neuen Gesamtumfang des APP hinauslaufen sollte, dürfte der Rat Befürworter einer eher straffen Linie entgegenkommen: so etwa, indem eine regelmässige Überprüfung der Ankaufvolumina auf die Agenda gesetzt werden könnte.

Wegen des unsicheren Inflationsausblicks hatten einige Währungshüter zuletzt auch erwogen, einige Weichenstellungen auf Februar zu verschieben, bis sich der Nebel in Sachen Inflation etwas gelichtet hat. Laut Insidern ist es nächste Woche aber nötig, die Eckpfeiler für die künftige Gestaltung des APP zu setzen. Auch eine Entscheidung zum Abschalten von PEPP im Frühjahr sei unausweichlich. Doch will man sich wohl noch eine Hintertür offen lassen: Die EZB könnte signalisieren, dass das PEPP für den Fall unerwünschter Marktturbulenzen wieder aktiviert werden könne. Immerhin dürften in dem riesigen Arsenal über den 31. März hinaus noch rund 100 Milliarden Euro an Feuerkraft übrig bleiben. der österreichische Notenbankchef und EZB-Ratsvertreter Robert Holzmann hatte bereits signalisiert, dass PEPP nicht abgeschafft, sondern "in einen Warteraum gestellt" werde.

(Reuters)